Verhaltenstraining für "Wissenschaftliches Arbeiten" 9.1.09

Liebe Frau Birkenbihl, Ihre ausführlichen Ansätze zum Verhalten-Lernen sind noch relativ neu, und in der Wandzeitung habe ich noch keinen Beitrag zu meinem Thema gefunden. (Ihre Herangehensweise (ABC-KaWa-Fragen und Antworten -Zitate als Lückentexte mit Text-Modulen), wie man am besten wissenschaftliche Texte liest, halte ich eher für eine Methode,um den Inhalt zu erfassen, nicht für das Training von wissenschaftlichem Arbeiten als Verhalten.) Deshalb schreibe ich Ihnen selbst: Am Anfang meines (geistes-/sozialwissenschaftlichen) Studiums ist es für mich wichtig, das Verhalten "Wissenschaftliches Arbeiten" zu lernen.
Bisher tat ich dies immer sehr bewusst und langsam, mit viel Selbstreflexion sowie mit Variationen. Dennoch war ich für die Lektüre-Anforderungen eher mit den Inhalten beschäftigt als mit dem eigentlichen Verhaltens-Training. Für die Inhalte jedoch gilt bei mir: Ich brauche sehr lange, um reinzukommen, und dann kann ich extrem intensiv arbeiten. Das heißt: lange Textpassagen, lange Arbeitsperioden, um effektiv Inhalt zu erfassen.
Nun habe ich Ihr Konzept des Verhalten-Lernens aus der 47. Auflage von "Stroh im Kopf?" versucht auf das Verhalten "Wissenschaftliches Arbeiten" anzuwenden, um es gezielt trainieren zu können.
======== die technik-tips beziehen sich auf HANDLUNGEN, deren abläufe ins KLEINHIRN eingespeichert werden müssen, z.b. ständig wiederkehrende abläufe, wie beim üben einer sportart, beim spielen eines instrumentes (hinweis: 2 takte, nicht 20) etc., diese tips sind also nicht auf arbeiten mit geistigen inhalten gedacht gewesen, denn hier handelt es sich darum, geistige VERBINDUNGEN zu vorhandenem WISSEN zu knüpfen, wir sprechen vom wissensnetz im GROSSHIRN. hier gilt es, andere techniken (von ABC, Stadt-land-fluß-spielen über KaWa.s, Definitions-spiel etc. bis zu WQS, Prüfung spielen, Zitate-technik, Metaphern-spiel. etc. zur Anwendung zu bringen.
********************* Das hab ich jetzt verstanden, in Ordnung. Unklar ist mir, warum Sie dann bei Mathe-Aufgaben wie von einem Verhalten sprechen - wo der Ball-im-Tor-Effekt zum Beispiel ganz wichtig ist. Geht es hier nicht auch bloß um einen Denk-Muskel statt eines echten körperlichen Verhaltens?
======== bei mathe-aufgaben gilt es ein konkretes eindeutiges ergebnis zu erzielen und zwar auf dem weg einer mathematischen prozedur, die genau festgelegt ist (zumindest laut der meisten lehrer, die oft nur einen weg kennen, weshalb ich mit meinen multiplikations-varianten damals sehr angegriffen wurde). beim lernen von THEORIE müssen Sie Ihre denkstrategien den jeweiligen inhalten anpassen und nicht unablässig eine einzige prozedur anwenden, also läuft das ganze eine meta-ebene höher ab. die beiden sind also nicht direkt 1:1 ver-GLEICH-bar, weil zu ungleich...

1. Langsam -> das ist möglich und ich tu es auch, bringe viel Geduld mit...
======= Sie sollen nicht langsamer lesen als normal und wenn Sie infos über eine vorlesung, eine TV-Doku, einen vortrag oder in einem gespräch (z.b. später, mit kunden) aufnehmen, haben Sie keine kontrolle über die geschwindigkeit, mit der der andere senden wird.

2. Kurze Einheiten -> natürlich kürzere Texte als später in meinem Studium, aber 30 englische Seiten sind nicht nur zwei Takte, sondern viele mehr. Also Lösung: eine halbe Seite nur?
======== bei sprachlektionen, insbes. beim aktiven hören sollten die textstellen nicht zu lang sein, aber nur, damit die menge an INFORMATIONEN nicht zu viel für EINE „einheit“ wird.

3. Kurze Zeit -> Lösung: Intervall-Training. (leider widerspricht es meinem langsamen Einsteigen und dann Tief-drin-bleiben, wenn ich nach dem Einstieg schon wieder aufhöre, so dass es dem Inhaltlichen am Anfang vielleicht entgegen laufen wird...)
======= auch bei training von verhalten gilt diese regel nur für einsteiger, wer fortgeschritten ist, kann so lange üben, wie er/sie will. vgl. jemanden, der mit dem klavierspiel anfängt (oder mit dem aktiven hören einer fremdsprache), da sind mehrmals täglich wenige minuten effektiver). wenn man aber weiter gekommen ist, möchte man ja „dranbleiben“ und darf natürlich auch!

4. Real-Mental -> Wie kann man mental wissenschaftlich lesen/schreiben/recherchieren, sprich wissenschaftlich arbeiten?
======== Sie sehen, daß Sie die technik für TRAINING mit der für den erwerb von WISSEN verwechseln.

5. Ball-im-Tor I -> keine Möglichkeit, oder?
======= extrem selten.

6. Ball-im-Tor II -> begrenzte Möglichkeit durch Tutoren, die mit uns Texte durchgehen, aber nicht befriedigend...
======= wie gesagt, Sie versuchen hier den falschen deckel auf den topf zu setzen...

7. Imitation -> Lösung: vorhandenes Material, das Texte Schritt für Schritt durchgeht, langsam durchgehen und dabei am Text selber nachvollziehen. Bzw. denselben Text mit einer Methode mehrmals durchgehen, bis es schneller geht (sich selbst imitieren, nachdem es einmal laangsam geklappt hat). Wobei dies ziemlich langweilig klingt!
====== naja, ist ja auch so nie gemeint gewesen!

8. Persiflage -> ?
======= naja, das könnte schon hinhauen. ein studienkollege meines vaters saß tagsüber in den vorlesungen, während seine frau geld verdiente. abends wiederholte er alles WESEN-tliche für sie, dabei persiflierte er die professoren, beide amüsierten sich königlich und machten am ende beide den abschluß (in medizin). aber das ist eine ausnahme, die trainings-tips sind nun man nicht für lernen sondern für training entwickelt worden.

9. 130% -> Gibt es dafür Anwendungen beim Lektüre- Bewältigen und Für-sich-Ordnen bzw. Schreibend-Verarbeiten? Ein Ansatz wäre vielleicht, ganz extrem zu zitieren, d.h. wirklich jede Aussage zu belegen, wo es später nur etwa jeder Absatz sein muss...?
======= wenn man irgendwelche passagen wort-wörtlich (auf-)sagen können muß (von gedichten über formeln, definitionen bis zu zitaten), dann kann die übertreibung mit 130% helfen, dies gilt auch für fremdsprachliche texte.

10. Thema mit Variationen: mache ich schon: mit verschiedenen Methoden, an verschiedenen Orten etc. an die Texte herangehen.
====== na also.
vfb

Ich freue mich auf Ihre Ideen dazu und danke schon mal im Voraus!

Juliane P., Studentin