Feedback Russisch lernen
24.10.08 Liebe Frau Birkenbihl, ich
bin Juliane und hab Ihnen in den letzten anderthalb Jahren, seit ich Sie entdeckt
habe, als Abiturientin schon öfter mal geschrieben. Inzwischen bin ich im Studium
angekommen und möchte Ihnen heute gern wieder schreiben - dieses Mal geht
es ums Sprachenlernen. Ich möchte Ihnen danken:
Danke für Ihre Geduld, was die Einsteigerfragen zu Ihrer Sprachenlernmethode
angeht, die ich damals gestellt habe (und die immer wieder gestellt werden).
Danke für Ihre Offenheit, immer mehr auch frei zugänglich zuveröffentlichen,
zum Beispiel in Form Ihrer Videoclips. Danke, dass Sie auch Ihre eigene Geschichte
erzählen - über die Schwierigkeiten mit Sprachen und die Behauptungen
der Lehrer, man müsse das "eben auswendig lernen", aber auch
über die langfristigen Erfolge, die Sie heute haben. Das hilft mir einerseits,
bei Ihrer Methode zu bleiben, wenn ich unsicher werde, und andererseits, wenn
ich Freunden von Ihrer Methode erzähle. Wenn diese mir dann entgegensetzen,
dass ich ja schon immer gut mit Sprachen umgehen konnte, kann ich ihnen dann
eben nicht nur von meinen Erfahrungen mit Ihrer Methode erzählen, die so
anders sind als die mit dem Vokabel-Lernen oder unsystematischeren anderen Methoden,
sondern auch von Ihren Schwierigkeiten bzw. denen anderer Insider in derWandzeitung,
die als vorher "Sprachen-Unbegabte" einen Zugang zu Englisch etc.
gefunden haben. Weiterhin danke ich Ihnen,
dass Sie betonen, man solle VOR-lernen, nicht hinterherarbeiten, was ja mit
Ihrer Methode auch geht. Ich habe diesen Hinweis
ernst genommen und vor einem halben Jahr begonnen, mithilfe eines Assimilkurses
und Ihrer Methode Russisch zu lernen. Heute saß ich das erste Mal im Russischunterricht
an der Uni und möchte mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, tatsächlich
innerhalb der nächsten zwei Tage die Buchstaben auswendig lernen zu müssen,
ohne irgendwelche Nervenbahnen dazu zu haben. In diesem Tempo wird es
sicherlich auch weitergehen und mit viel Frustration für die anderen verbunden
sein, während ich jetzt Luft habe, um(mit dem neuen Lehrbuch) weiter vorzuarbeiten. Außerdem habe ich
im vergangenen halben Jahr beim Alleinlernen einen unbeschreiblichen Spaß
am Russischlernen gehabt, ohne jeden Druck und ohne Frust, es war eine wunderschöne
Erfahrung. Das Russischlernen ist mir
zum Hobby geworden und jedem, der mir davon erzählt hat, wie doof und schwer
er Russisch findet, konnte ich strahlend erzählen, wie viel Spaß
es mir bringt. Danke, dass Sie ebenfalls
betonen, dass man sich ZEIT LASSEN MUSS. Ich bin neuronal schnell und also daran
gewöhnt, schnell vorzugehen. Dieses Mal hab ich jedoch sehr auf mein Gefühl
geachtet und immer das getan, wofür gerade die Zeit reif war -nach zwei
Monaten erst habe ich die Buchstaben "gelernt", für die ich durch
das Abmalen/Abschreiben der Lektionen schon geprimt war. Bis dahin arbeitete
ich mit der Lautumschreibung zwischen Text und De-Kodierung. Als die ersten
Lektionen schließlich bis zum Schritt 3, passiv hören, fertig waren,
hab ich das erste Mal in aller Ruhe lesen geübt. Ohne das Alphabet abzuarbeiten
und auswendig zu lernen. Ja, und so haben sich die
verrücktesten Zeiträume ergeben, nach denen ich Lust auf das eine
oder andere hatte. Auch wenn ich jetzt nach
Worten suche - sie sind durch ihr Vorkommen im Zusammenhang immer in einen Text
eingebettet, die Texte sind wie Nachschlagewerke in meinem Kopf, wo ich zielsicher
das richtige Wort herauspicken kann, wenn es mir nicht besser einfällt.
Oder an denen ich eine Grammatikregel, die ich mir gezielt merken will, aufhängen
kann. Die ganzen möglichen
Dinge, die man mit Sprache machen kann, haben solchen Einfluss aufeinander,
das ist faszinierend. Zum Beispiel kann ich jetzt feinere Unterschiede hören,
auch beiden ersten Lektionen. Oder eine Lektion, die beim aktiven Hören
zunächst schwierig schien, kann ich später, wenn ich mehr de-kodiert
habe und dann zu ihr zurückkehre, schneller verstehen. Lustig ist auch, dass ich
als Nebeneffekt schon ziemlich gut Texte übersetzen kann, sprich: "die
Vokabeln kann", ohne sie je als Vokabeln gepaukt zu haben. Es war ziemlich schwer,
die Geduld aufzubringen und mir immer wieder zu sagen, ich werde am Ende schon
dasselbe Niveau bekommen wie die anderen, weil ich ja langfristig lerne. Sie sprach auch davon, wie
schwer die Betonungen im Russischen seien - für die hab ich mittlerweile
längst ein Gefühl, wozu soll ich die Betonungen angestrengt auswendig
lernen? Ja, insgesamt also danke
für Ihre Methode und alle Antworten auf Fragen, die ich mittlerweile in
der Wandzeitung gefunden habe. Sie ermöglicht es mir, alle Bemerkungen
zu ignorieren, die behaupten, ich müsse dieses oder jenes einfach pauken. Ich hoffe, auch in den nächsten
Wochen und Monaten dasitzen zu können und mir zu denken: Ich kanns schon,
und ich hatte riesigen Spaß dabei, das zu lernen. Nun möchte ich noch
eine Erfahrung bestätigen, die Sie dieses Jahr in Magdeburg einer Lehrerin
erzählt haben: Man merkt, wenn jemand eine Methode erklärt, aber nie
selbst angewendet hat. Eine ältere Studentin hat uns eine Stunde lang erklärt,
wie wir eine bestimmte Sache fürs Studium machen sollen, und ich fühlte
mich nicht so gut dabei. Am Ende sagte sie, sie musste so etwas noch nie machen
- ich hab das also wirklich gespürt, egal wie gut sie theoretisch Bescheid
wusste. Lernende kriegen das mit, ich kann Ihnen nur Recht geben. Ich hoffe, noch einigen
Mitstudenten Ihre Methode zeigen zukönnen - bei mir wird man jedenfalls
merken, dass ich davon überzeugt bin. :) Mit herzlichen Grüßen |