4 Sprach-Lernschritte in der Schule? Wie?! 30.6.08

Liebe Frau Birkenbihl, nachdem ich nun eine Stunde lang erfolglos die Wandzeitung durchstöbert habe, um zu vermeiden, dass meine Frage schon 'mal aufgetaucht ist, wage ich es, mich vertrauensvoll an Sie zu wenden.
===== danke. wer sucht und nicht findet, darf immer fragen!

Seit 2 Jahren werbe ich bei Schülern und Eltern für Ihre Sprachlern-Methode und setze viele Elemente aus "Trotzdem Lehren" (u. a.) im Unterricht ein. Anscheinend folgen aber nur wenige Schüler zuhause meinen Ratschlägen. (Zwar gehe ich mit Beispiel voran: Ich lerne Italienisch und Französisch nach Ihrer Methode ... ) Da ich als (Englisch-) Lehrer nicht länger "Täter" sein will, suchte ich in Ihren Büchern + Videos konkrete Hinweise, wie ich Ihre Methode im baden-würrtembergischen Schulsystem einsetzen kann. Mein Problem ist, dass ich für das "Hören aktiv" keine Möglichkeit sehe, dass die Schüler es im Unterricht durchführen können. (Jetzt trauere ich der Verschrottung unseres Sprachlabors nach.). Ich wünsche mir also ein Buch von Ihnen, das nicht nur Lehrer (manchmal) anprangert, sondern ihnen erklärt, wie sie "Trotzdem Englisch Lehren" können..
===== da bis jetzt die anzahl an interessierten lehrern an regelschulen an EINER EINZIGEN HAND abzählbar ist, hat sich für diese weiß gott kein buch gelohnt...

Außerdem: Bei drei bis vier Wochenstunden würde ich wohl nicht mit dem Stoff durchkommen...
======= also, vorschlag. bitte schauen Sie sich (falls noch nicht geschehen) die video-clips für schüler an (und lesen das unter 5-euro-büchlein FREMDSPRACHELERNEN FÜR SCHÜLER - nach der birkenbihl-methode. die clips (unter der denkblase, dann thema suchen) zeigen (vor allem die letzten drei oder vier) wie kinder als GRUPPE vorgehen können, d.h. in vierergruppen arbeiten, beim de-kodieren. das spart extrem viel zeit und kann in der klasse gemacht werden. jetzt gilt:
1. das de-kodieren ist ja schon der halbe LERNPROZESS, nur lernt man hier INCIDENTAL 83 kügeli), während man entdeckt (ein kügeli), SINN sucht (ein kügeli) assoziativ denkt (2 kügeli) und auf das abstaktionsvermögen vertraut (2 kügeli). also erhält dieser teil des „unterrichts“ weit mehr als die 7 kügeli, ab welchen es für die schülerInnen LEICHT wird.
2. warum HÖREN/AKTIV in der klasse nicht möglich sein soll ist mir schleierhaft. zumindest ein oder zwei mal müßte möglich sein.
3. das PASSIVE HÖREN muß außerhalb passieren, das ist klar, aber wenn die schüler begreifen (sie könnten ja auch die video-clips sehen und begreifen, was für einen ausnahme-lehrer sie haben, der das system befürwortet!!!), dann sind sie vielleicht doch dazu bereit? jedenfalls tun die nachhilfe-schüler es mit gusto, die so von noten 5 und 6 auf 2 und 3 gekommen sind (in wenigen wochen!!)
4. AKTIVITÄTEN - das ist ja unterricht. vielleicht weniger grammatik-übungen und mehr dialoge nachspielen oder so ähnlich, damit man mehr SPRACHE und weniger ÜBER SPRACHE lernen kann? ich habe gestern an der uni in augsburg einen vortrag gehalten (s. termine, für inhaltsangabe), der Sie unheimlich interessieren dürfte. sowie er verfügbar ist, erfahren es alle in der wandzeitung, denn die erste frage danach ist bereits eingetroffen.

Ein weiteres Anliegen: Ich unterrichte Englisch am Gymnasium (z. Zt. 6., 8., 11. + 12. Klasse). In allen Klassen machte ich zu Beginn des Schuljahres einen Minikurs "Wie unser Gehirn lernt". Ich setze hin + wieder ABC-Listen + KaWas ein (anfangs häufiger, dann sporadisch). Mittlerweile stöhnen einzelne Schüler (vor allem Klasse 8) "Schon wieder eine ABC-Liste!" - obwohl ich seit Wochen keine mehr hatte anfertigen lassen. Ist Ihnen das Phänomen bekannt?
===== je mehr menschen vom system verseucht worden sind, desto mehr stöhnen sie, wenn sie mal ASSOZIATIV denken sollen, das ist ein schlimmes warnzeichen. wir haben bei grupen die den „quali“1 nachmachen sollen (das vom staat finanzierte sonderjahr) folgendes procedere gewählt:
1. die regel: wir haben diese woche 10 abc.s, danach keine mehr, wenn ihr nicht wollt! (dies wurde sehr positiv aufgenomen). die listen wurden (pro tag nur je eine) gemacht, je 2 minuten, anschließend 2 minuten austausch in kleingruppen.
2. die listen:
nr. 1 - 3 dinge, die sie interessieren (musiktitel, interpreten, computerspiele etc.)
nr. 4 dinge, die sie gerne TUN
nr. 5 dinge, die sie nicht gerne tun. anschließend info, daß diese listen aufschluß über ihr angeborenes potenziel geben...
aufgabe: listen 4 und 5 vergleichen und darüber nachdenken, welche berufe und jobs es gibt, in welchen man möglichst viel der GERNE-Tätigkeiten ausführen „muß“ und möglichst wenige von den „mag-ich-NICHT-Tätigkeiten“. dabei begreifen sie zum ersten mal, daß die abc liste nicht nur GENERIERT sondern später auch KONSULTIERT werden kann. wenn man listen nur zum wegwerfen macht, macht es freilich keinen sinn. darf ich vermuten, daß auch Sie noch nicht ernsthaft LISTEN-DENKEN als denk-tool einsetzen???

Ist das nur ein Zeichen, dass diese Schüler ihr Gehirn nicht gerne benützen ...?
====== wenn man ihnen erklärt, daß der unwille ein zeichen dafür ist, daß das schulsystem bereits voll zugeschlagen hat und daß sie nur einen teil ihrer fähigkeiten benützen, wenn sie sich weigern assoziatives denken zu üben, sind sie meist zu einigen experimenten bereit. das erste (s. oben: zehn listen), das zweite:
spielen Sie ab und zu jeweils 3 min. lang STADT-LAND-FLUß aber lassen Sie die schüler die gebiete wählen, die man spielt, inklusive DJ,s etc., was immer sie wollen. lassen Sie jeweils einen spielleiter wählen, der im zweifelsfall WEISS, ob ein eintrag „gilt“, wenn es sich um themen handelt, bei denen Sie sich weniger auskennen. auch hier merken die schüler bald den stadt-land-fluß-effekt, nämlich daß dieselben kategorien, nach ca. 5 mal spielen, weit besser laufen als beim ersten mal!!! so beweisen Sie Ihnen, was Sie sagen (wie ich es in meinen seminaren ja auch tue!

Etwas ratlos,

Thomas Hesse, Calw
====== probieren Sie diese dinge und berichten Sie wieder, ok?
vfb

ps Sie mußten leider warten, weil ich derzeit viel auf reise bin.