Lippenbekenntnisse - Imitation 8.10.07 Ich lese gerade "Stroh
im Kopf?" (40. Auflage) und bin im Kapitel "Lernen, aber WAS?"
(S. 60) sehr über eine Aussage gestolpert, die ich für mich persönlich
nicht nachzeichnen kann: "Stellen Sie sich eine Mutter vor, die ihrem Kind
immer wieder erklärt, Lesen und Schreiben ist furchtbar wichtig, während
in diesem Elternhaus außer dem Einkaufszettel nichts geschrieben und außer
der Fernsehzeitschrift nichts gelesen wird. Was wird das Kind überzeugen,
das Lippenbekenntnis oder das Verhalten, das es per unbewusster Imitation laufend
trainiert?" Vielleicht bin ich eine rühmliche Ausnahme und bestätige
diese Regel indirekt dadurch - jedenfalls bin ich ein immer lesehungriger Bücherwurm
(keinesfalls nur Belletristik!!) und schreibe seit meiner frühesten Schulzeit
Briefe, Gedichte und Geschichten, OBWOHL ich meine Eltern außer beim Frühstück
hektisch die Tageszeitung nie viel habe lesen sehen. Mit dem Schreiben verhielt
es sich ebenso und auch Verwandte und Bekannte waren mir keine Lese- und Schreibvorbilder.
Sobald ich die ersten Buchstaben beherrschte, entzifferte ich jedoch eifrig
die Etiketten auf Lebensmitteln während der Mahlzeiten und wünschte
mir stets Bücher - die ich auch bekam. Mein erstes war für
kleine Leser ab 2. Klasse sogar in Schreibschrift gedruckt. Ich erinnere mich
noch heute an Inhalt und Illustrationen. Inzwischen habe ich selbst ein Kind,
dem ich sehr wohl versuche, "richtiges" und "gutes" Verhalten
vorzuleben, ich lese und Schreibe nachwievor sehr viel, obwohl mit einem Kleinkind
die Zeitfenster dafür etwas kleiner sind. Mein Kind liebt die vielen Kinderbücher,
für die extra ein Regal auf Augenhöhe geräumt wurde, und erzählt
mit knapp 2 Jahren bereits die Lieblingsbücher, oft wörtlich. nach.
Dennoch kann es umgekehrt sein, dass mein Kind eines Tages beschließt,
dass Lesen und Schreiben "uncool" sind - in hohem Maße formt
der Umgang den Menschen, das ist nicht zu unterschätzen! Karolina Boldt |