Spezielle Anti Ärger Strategie (betreff SERVICE-WÜSTE) möglich? 11.8.07

Hallo, mein Name ist Sven, ich bin 30 Jahre alt und wohne seid kurzem in Hamburg. Ich habe gerade die DVD zum Thema "Anti Ärger Strategie 1 " angeschaut. Die DVD enthielt viele Tips, die ich auch berücksichtigen will. Aber ich brauche noch eine Hilfestellung zu einer Ärgersituation die ich glaub ich noch nicht so bewältigt bekomme.
Ich nenne mal ein typisches Beispiel: Ich bin nach Hamburg gezogen und habe einen Telefonanschluss bei Hansanet (Alice) beantragt.Man schrieb mir via SMS das ein Techniker zu mir kommen würde und den Anschluß freischalten würde.Am besagten Freischalttag kam jedoch kein Techniker und ich konnte leider noch nicht telefonieren. ÄRGER- weil ich mir extra einen Tag freigenommen hatte und noch nicht telefonieren konnte. Ich rief bei der Störungsstelle via Handy an und musste dazu ca. 2 km von meiner Wohnung weggehen, da ich keinen Empfang bei mir habe. Man sagte mir das ich das große Glück hatte, dass kein Techniker kommen brauchte, da der Anschluß sich auch so freischalten ließ. Ich sagte das ich mir extra einen Tag freigenommen hätte aufgrund der SMS und mein Telefon trotz meines "Großen Glückes" ;-) immer noch nicht ginge...und dann nahm das Schicksal seinen Lauf. Ich bekamm wieder eine SMS von der Störungsstelle, dass ich an Tag X wieder zu Hause sein sollte wg. Technikerbesuch. Ich war dann zu haus, aber der Techniker kam nicht und das Telefon ging immer noch nicht ÄRGER!- wieder einen Tag verschenkt wieder kein Telefon, wieder Spaziergang zum Telefonieren via Handy.
Ich rief also wieder an bla bla... Ergebnis= Technikertermin und "Bitte seien SIE zu hause". Es kam wieder kein Techniker und.... :-)
Ich rief erneut an und schilderte den immer länger werdenden Vorgang dem Sachbearbeiter. Er erklärte mir das Hansenet gar nicht für die Telefonleitungen zuständig sei, sondern die Telekom die Kabelnetzte betreut und Hansenet nur ein Nutzungsrecht habe. Sie würden meine Störungsmeldung daher zur TELEKOM faxen und ein Techniker von der Telekom müsste dann die Störung beheben. Ich fragte nach der Telefonnummer von dem Techniker, aber der Mitarbeiter konnte mir diese nicht geben, er konnte nur das Fax schicken.
======== haha, telekom, da wird nichts besser...

Auf meine Frage ob ich nicht einen stundengenauen Termin haben könnte, damit ich nicht jedes Mal zu frei nehmen muss verneinte er. Er sagte mir das die Telekom das nicht zuläßt, Hansenet würde das gerne machen aber geht leider nicht.
ÄRGER ÄRGER- ich bin am Verzweifeln, diese Ohnmacht jemanden so ausgeliefert zu sein macht mich sehr zornig.
======== das versuche ich den managern in seminaren klar zu machen, wie furchtbar leute unter dieser ohnmacht LEIDEN...

Klar könnte ich jetzt mir jetzt sagen "Oh das ist ein Spiel , eine Herausforderung, ein Test das macht Spaß, ich entscheide wann ich den Ärger zulasse" Aber das geht nicht, da ich mein Telefon brauche, um mit Freunden und Familie zu kommunizieren, die in anderen Städten leben. Und ich brauche das Internet , um Probleme zu lösen und Geschäfte zu erledigen.
====== na ja, man könnte die HALBE situation ein wenig mit einem handy mit pre-paid karten etwas entschärfen, damit man nicht 100% OPFER jener leute bleibt.... als übergangslösung? dann können andere uns leicht anrufen und wir können IM NOTFALL auch mal kurz telefonieren... für den rest müßte man einen guten nachbarn finden (wenn es kein internet-café in der gegend gibt) bis die notlage vorbei ist. ich will nur zeigen, daß man mit übergangslösungen den großen psycholgischen druck erst mal reduziert, auf daß man besser klarkommen kann...

Ich weiß einfach nicht wie lange das noch so geht, wieviele Tage soll ich mir noch freinehmen, ich bin in der Probezeit...Tja es dauerte in der Tat noch einen Monat und dann kam der Techniker auch und siehe da, die Leitung war von der Telekom falsch aufgeschaltet im Hausanschlusskasten. So das ist wirklich mein Mega Ärgerproblem. Ich verletzte in diesen Wutphasen meine Mitmenschen durch mein Gemotzte und schwäche massiv mein Immunsystem.
Ärgerphasen dieser Güte treten immer dann auf wenn Situationen dieser Art auftreten. Also wenn ich auf die Arbeit eines anderen Menschen angewiesen bin, aber dieser nur redet und mir nicht Hilft (Ohnmacht). Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir eine Strategie aufzeigen könnten wie ich mich zukünftig verhalten könnte.
======= in meinem buch „Birkenbihl on Service“ finden sie viele ähnlich schlimme beispiele aus der SERVICE-WÜSTE deutschland. wenn man sie in seminaren vorstellt, erntet man zunächst ungläubiges staunen, aber wenn ich die teilnehmerInnen bitte, aus der kundensicht beispiele zu finden, dann fallen ihnen auch immer weit mehr ein, als wir je verarbeiten können. aber zurück zu Ihrem spezifischen problem (bzw. ähnlichen in der zukunft): in vergleichbaren situationen müssen Sie entscheiden, ob Sie als KUNDE den be-RECHT-igten ZORN erleben wollen, der Ihnen allerdings eher schaden könnte oder ob Sie solche situationen so weit wie es geht, anders wahrnehmen wollen. z.b. kann ein gedanke aus der (serösen) esoterik sehr hilfreich sein, der da lautet: jeder mensch, der uns begegnet, ist unser FREUND oder unser LEHRER (meister, coach etc.). der langweilige schalterbeamte kann z.b. heute unser GEDULDs-COACH werden, der ekelhafte taxifahrer unser coach in selbstbeherrschung etc. zwar schaffe ich es auch nicht immer, aber wie ich in meinem buch „Jeden tag weniger ärgern“ festhalte, geht es darum, sich EFFIZIENTER ZU ÄRGERN, d.h. weniger oft, weniger intensiv und weniger lange sauer zu bleiben. das ziel lautet also, sich GRADUELL weniger ärgern wollen, statt zu meinen, wir könnten situationen wie die von Ihnen beschriebene OHNE TRAINING über nacht ohne ärger erleben (das wäre blauäugig und würde zu weiteren ent-TÄUSCHUNGEN führen).
vfb

Viele Grüße aus Hamburg
Sven

18.8.07
Sehr geehrte Frau Birkenbihl! Ich setze mich im Moment mit "Gewaltfreier Kommunikation" auseinander und wollte anhand des Beitrages zeigen, welche Möglichkeiten sie uns bietet, mit Ärger umzugehen. Wenn Bedürfnisse nicht erfüllt sind, fühle wir uns unangenehm zB. unsicher, frustriert, verwirrt oder auch ärgerlich. Ärger regt sich dann, wenn wir denken es "müßte" oder "sollte" anders sein, als es gekommen ist.
===== vgl. z.b. auch THE WORK von Katie Byron, über die ich in meinem „jeden tag weniger ärgern“ berichte (mit konkreter übungs-anweisung)

Will man nun den Ärger auflösen - oder eigentlich umwandeln - ist es nun ratsam, sich bewußt zu machen, welche Bedürfnisse dieser Vorfall in mir verletzt. In diesem Fall ist es eine ganze Menge: Bedürfnis nach Zuverlässigkeit und Würdigung, wenn ich Tage auf den Techniker warte. Verbindung und Nähe, wenn ich meine Familie nicht anrufen kann. Sicherheit und Kompetenz, wenn ich meiner Arbeit nicht entsprechend nachgehen kann. etc.
Einerseits können wir jetzt jedes dieser Bedürfnisse einzeln angehen, und uns Alternativen zur Erfüllung überlegen, wie Sie es auch vorschlagen. Und andererseits können wir an unserern Gefühlen arbeiten. Die GFK schlägt vor, unsere verletzten Bedürfnisse zu betrauern. Anstatt des Ärgers und den Gedanken, wie es sein sollte, setzen wir die Trauer. Anstatt "Sch... Telefonanbieter..." denken wir "Ich bin sooo traurig, weil ich gern meine Freunde sprechen würde...". Es können in diesem Prozeß ganz andere, interessante Erkenntnisse auftauchen.
In dieser Art zu denken übernehmen wir die Verantwortung für unsere Gefühle und weisen nicht der Telekom die Schuld zu. Natürlich ist die Firma verantwortlich für ihr Verhalten, aber nicht für die Gefühle und Gedanken, die ich habe.
======== auch ein interessanter ansatz...
vfb

Ich hoffe, dass ich meine Gedanken schlüssig vermitteln und einen kleinen Beitrag leisten konnte
mfg
NW

25.8.07
Liebe Frau Birkenbihl, lieber Sven, zu den Texten zur Anti-Ärger-Strategie bisoziiereich: Wie wäre wohl die Weltgeschichte verlaufen, wenn jemand wie beispielsweise Nelson Mandela Anti-Ärger-Strategien angewandt hätte statt Anti-Apartheid-Strategien?
======= hat er ja, sonst hätte er die vielen jahre gefängnis ja nicht überlebt (wie viele seiner mitgefangenen). deshalb hat er als präsident für eine amnestie (nach dem großen hearing) plädiert und frieden mit seinen ehemaligen peinigern geschlossen! ohne strategien gegen zorn wäre das alles nie möglich gewesen....
Damit will ich die Anti-Ärger-Strategien nicht kritisieren, im Gegenteil: Gerade *weil* ich sie so wirksam finde, halte ich es für wichtig, sie vorsichtig einzusetzen - also nur dann,wenn es sich wirklich um Ärgereien über Belanglosigkeiten handelt (den geschmacklosen Gartenzwerg des Nachbarn etc.).
======= wer mich kennt, weiß, ich ich seit jahrzehnten gegen sprachlehrer, die auf vokabel lernen beharren KÄMPFE und daß ich die letzte bin, die den kampf aufgibt. aber konkrete fragen von leidenden menschen muß ich dementsprechend beantworten!

Bei echten Mißständen finde ich es dagegen wichtiger, den Ärger für angemessene Aktionenzu nutzen.
====== stimme ich voll zu. das eine und das andere schließen sich ja nicht aus, nur situationsbedingt muß man im einzelfall halt entscheiden...

Es muß ja nicht gleich so etwas Dramatisches wie Apartheid sein. Auch Behördenwillkür oder kundenfeindliches Verhalten wie im Beispiel von Sven sind für mich Mißstände.
======= tja, wer weiß, daß der kunde in deutschland oft das letzte „a... loch“ ist auf dessen meinung die meisten verkäufer, berater etc. pfeifen, sollte keine unnötigen kampfe gegen menschen führen, deren führungskräfte es noch nicht kapiert haben. s. mein buch „birkenbihl on service“, allein das versicherungsbeispiel spricht bände!!!
vfb

Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.Herzlichen Dank schon mal dafür!

Vicky