Schulmisere 19.2.07 Sehr geehrte
Frau Birkenbihl! Manchmal frage ich mich, wo Sie die Kraft hernehmen, immer
wieder gegen die Mauer "Schule" anzurennen. Ich habe
drei Grundschul-Kinder (alle drei Jungs) und habe alle Probleme, die Sie in
Ihren Vorträgen und Büchern anprangern kennengelernt. Mein ältester
Sohn - jetzt 10 Jahre alt - hat die kompetenteste Lehrerin an der Schule. Sie
ist wirklich mit Herz und Verstand Lehrerin geworden - ihr Traumberuf, wie sie
selber immer wieder betont. Sie setzt auf Methodenvielfalt, sie lässt den
Kindern Zeit beim Lernen, sie setzt die von der Schule vorgegebenen Materialien
so ein, wie sie meint, dass es Sinn macht (an unserer Schule wird viel mit "Sommer-Stumpenhorst"
gearbeitet: Lesen lernen durch schreiben, allerdings sind die Arbeitsmaterialien
hauptsächlich Karteikästen, die die Kinder immer wieder und wieder
durcharbeiten müssen - auf Dauer ziemlich langweilig. Sie nennen Sommer-Stumpenhorst
übrigens in Ihrem Fonetix II, daher gehe ich davon aus, dass Sie ihn/seine
Arbeit kennen.) Das Ergebnis
der Arbeit dieser Lehrerin: Aus ihrer Klasse gehen mehr Kinder auf das Gymnasium
als aus den anderen Klassen. Interessant
ist, wie im 3. und 4. Schuljahr Englisch "unterrichtet" wird, diese
Stunde übernimmt bei meinem Sohn eine andere Lehrerin. Die Kinder bekommen
einzelne Wort präsentiert und werde so eher auf Vokabelpauken vorbereitet,
als auf die Sprache. Auch werden
sie aufgefordert Worte nachzusprechen, deren Sinn sie nicht kennen. Fragen sie
nach dem deutschen Wort, bekommen sie zur Antwort, dass sie das nicht wissen
müssen!!!!! Im Curriculum
steht übrigens, dass der Englisch-Unterricht in der Grundschule der Motivation
dienen soll, Fremdsprachen zu lernen. Wenn dies
aber so unmotiviert abläuft, na dann Prost-Mahlzeit! In den 1. und 2. Klassen,
die übrigens jahrgangsstufenübergreifend unterrichtet werden, hält
man sich streng an Sommer-Stumpenhorst. Die Mädchen
kommen damit besser zurecht, sie werden daher auch weniger häufig zum Psychologen
geschickt. Die Quote
bei den Jungs ist da deutlich höher. Wenn diese auf ihrem Stuhl nicht sitzen
bleiben können und - vor Langeweile? -rumturnen, wird man als Eltern aufgefordert
sie auf ADHS testen zu lassen. Mein 8jähriger
war auch schon beim Test - allerdings ohne Befund. (Kommentar vom behandelnden
Arzt: Grundsätzlich sollte man trotzdem den Einsatz von Medikamenten nicht
von vornherein ausschließen! - Da war ich platt!) Mein Sohn
ist im Augenblick Klassenbester! - allerding ist er noch ein weiteres Jahr in
dieser Eingangsstufe geblieben geht aber ab Sommerhochmotiviert in die
3. Klasse (Da der Befund wie erwartet negativ war, werden wir den Arzt sowieso
nicht mehr aufsuchen) Weitere
Kritikpunkt: Die gerade für Jungen langweiligen Lese-Texte (mein Sohn weigert
sich strikt diese Texte zu lesen - "...da kommen ja nur Mädchen drin
vor." Aus der
Bücherei leiht er sich aber immer eine Menge Bücher nach seiner Wahl
aus, die er zu Hause durcharbeitet und dann mit Wissen aufwartet, welches er
sich nur 'angelesen' haben kann.) Die Lehrerinnen
waren auf Anfrage übrigens nicht bereit, die Kinder selber ihren Lesestoff
auswählen zu lassen, dass würde für sie zuviel Arbeit bedeuten! Desweiteren
das Schönschreiben usw. usw. Mein jüngster Sohn ist im 1. Schuljahr.
Er beginnt jetzt schon mit der "inneren Kündigung: er bearbeitet nur
noch Aufgaben, die Pflicht sind, sogenannte "Krönchen-Aufgaben"
die freiwillig sind, werden von ihm nicht gemacht. Fazit: Kinder
ohne häuslichen Rückhalt bleiben auf der Strecke! Da ich Psychologie
studiere und kurz vor meinem Magister-Abschluss stehe, versuche ich hier anzusetzten.
Im Augenblick biete ich eine Hausaufgaben-Hilfe für Eltern an, damit sie
Sie und Ihre Arbeit kennenlernen, damit sie nicht alles für Wahr nehmen,
was die Lehrkräfte ihnen weis machen wollen, Damit sie den Glauben an ihr
Kind nicht verlieren! Mit freundlichem Gruß Annegret Krüppel |