Von tollen und schrecklichen Lehrern im Schulalltag 8.2.07 Sehr geehrte Frau Birkenbihl,
auch ich möchte gern ein positives Feedback über Lehrer abgeben. Ich
bin jetzt in der 11. Klasse am Gymnasium und habe über die Jahre beide
Fälle von Lehrern erlebt - die ganz schlimmen und die ganze tollen. Ich
habe auch gesehen, wie mich das geprägt hat, und ich möchte meine
Erfahrungen gern teilen. :) Ich lerne schon immer sehr
schnell, mit wenig Pauken, weil ich erstens schon immer viel begriff und zweitens
schon immer viele Fragen stellte und im Unterricht mitdachte. Mitunter nervt das meine
Mitschüler, wenn ich so viel frage, aber gerade jetzt, da ich WEISS, dass
Pauken von Unverstandenem gar nichts bringt, frage ich, bis ich etwas verstanden
hab, notfalls eben in der Pause. Vor der sechsten Klasse
musste ich umziehen und dann auch auf eine neue Schule gehen. Von diesem Schuljahr
habe ich immer noch Gewohnheiten und Ängste, die nur sehr schwer weggehen.
Die Lernumgebung war völlig anders als in der 5.: da war alles spannend
gewesen, weil so viele neue Fächer und so spannend. In der sechsten war
ich unterfordert, hatte inkompetente Lehrer und meine Klassenkameraden hassten
mich. Zum Glück hatte ich schon immer eine wunderbare Familie, und meine
Eltern undmein großer Bruder trösteten und förderten mich, wo
sie konnten. Als ich in der 7. dann aufs
Gymnasium kam, hatte ich zur Hälfte noch immer dieselbe Klasse, und die
anderen kamen vor allem aus der Parallelklasse der alten Schule. Es waren die
vernünftigeren, aber dennoch war gegen ihre Vorurteile nur sehr schwer
etwas zu tun, zumal ich mich von der 6. zur 7. ja nicht völlig gewandelt
hatte und meine Schwächen weiterhin besaß. In der 9. und 10. wurden
dann die zwei Schulen unserer Stadt zusammengelegt, und die Feindschaft von
vorher über die Schüler und Lehrer ausgetragen. Wir hatten kaum Vorurteile,
aber wir kamen mit der ganzen Mentalität der Lehrer und auch der anderen
Schüler zunächst gar nicht klar. Noch viel mehr als bei uns hatte
"drüben" der Drill regiert, das Pauken, das Niedermachen. Meine
neue Klassenlehrerin konnte sich gar nicht mit der alten messen, zugegebenermaßen
war es auch schwer. Dieses Schuljahr dann bekam
ich eine Deutsch-Lehrerin, die für mich ein wirkliches Lehrer-Vorbild ist.
Sie macht uns nie Angst, sondern ermutigt uns. Sie gibt uns das Gefühl,
etwas zu können. Sie macht keine vorgefertigten
Tafelbilder, sondern benutzt unsere Antworten und Wortlaute für ihre Tafelnotizen,
ansonsten müssen wir viel selbst mitschreiben, aber auch das geht viel
geordneter und reichhaltiger als bei dem Frontalunterricht der letzten Jahre. Sie kommt lächelnd
in die Klasse, und sie ist begeistert von der Literatur, über die wir sprechen.
Immer wieder versucht sie auch, uns zu zeigen, wie man die Literatur als Vorbild
für das wirkliche Leben nehmen kann, welche tollen Dinge die Autoren eigentlich
erschaffen haben. Sie ermuntert uns zum Dialog,
egal ob wir dabei Umgangssprache verwenden oder nicht. Wenn wir einen Vortrag
trocken und so brav halten, wie wir es uns im Drill angewöhnt haben, dann
reicht ihr das nicht, sie will, dass wir uns auf sie einlassen und aus uns herausgehen,
so wie sie. Wenn dann viele von uns da sitzen und nur mitschreiben, sich berieseln
lassen, wollen, weiß sie oft gar nicht weiter. Diese Verhaltensmuster,
die uns die Schule angewöhnt hat, lassen sich gar nicht mehr richtig wegkriegen,
umso froher bin ich darüber, sie für zwei Jahre in Deutsch zu haben!!
Vor den Ferien hatten wir eine Stunde, in der wir eine Tafelrunde aufgebaut
haben, mit Kerze und Tischdecke. An das eine Ende des Tisch-U-s hat sie ein
Bild von Goethe gestellt - wir waren eine Tafelrunde, die ihm ihre Meinung zu
Goethes Werther sagen sollte, und er verlange Ehrlichkeit. Jeder von uns schrieb
eine Rede, um dem Goethe zu sagen, welchen Eindruck wir von dem Buch bekommen
hatten. Später schrieben und sprachen wir dann noch eine Rechtfertigungsrede,
was also er geantwortet haben könnte. Wir sprachen wie damals, wir fühlten
uns ganz anders als wie "in der Schule", und ich habe eine soo starke
Erinnerung an diese Stunde. Immer wieder wird Kreativität
verlangt, nichts muss streng nach Lösungsheft funktionieren, trotzdem hat
alles seine Regeln. ich liebe diesen Unterricht, er beflügelt mich, fasziniert
mich, und sie ist mein absolutes Vorbild, was das Führen von Unterricht
angeht. Trotzdem stehen ihr einige
abwehrend gegenüber - es ist zu schwer, das alles mitzuschreiben und zu
lernen (unser Hefter ist ganz schön dick - aber ich muss davon fast nichts
mehr zu hause lernen), sie steigert sich rein,
..., viele wollen sich eben doch nicht einbringen und DENKEN. Aber ich bin so dankbar
dafür, dass man mich noch einmal für den Deutschunterricht hat begeistern
können, und wollte einfach einmal meine Erfahrungen mit abwechslungsreichem,
lebensnahem und spannenden Unterricht, gehirn-gerecht eben, teilen. In den nächsten Tagen
kriege ich dann "Trotzdem LEHREN", dann kann ich wieder mehr von Ihnen
lesen und anwenden, Frau Birkenbihl. Das Sprachenlernen praktiziere ich jetzt
mit Italienisch, denn zwar hab ich da schon mal was gelernt, aber wieder vergessen,
und ich werde bald mit meinem Lateinkurs nach Rom fahren, da hab ich ein Ziel,
und die Bücherei hatte den Kurs gerade, das hat mich fasziniert. Also, bald kann ich von
den Erfahrungen mit dem Sprachenlernen auch noch hierher kommen. Erst einmal
vielen Dank für Ihre Anreize :) Juliane aus Sachsen-Anhalt |