Tonleitern für Gitarre lernen 6.12.06

Hallo Frau Birkenbihl! Ich spiele Gitarre und möchte mich im Sommer der Aufnahmeprüfung für die Berufsfachschule stellen. Bis dahin muss ich noch verschieden Tonleitern und Arpeggien(=einzelne Töne des Akkordes) Griffbilder einprägen. Meine Frage dazu wäre jetzt, ist es sinnvoller eine Tonleiter bzw. Arpeggien Griffbild nach dem anderen anzugehen, damit meine ich 1 Tonleiter üben und erst zur nächsten Tonleiter übergehen wenn die zur Zeit geübte PERFEKT sitzt oder mehrere verschieden gleichzeitig anzugehen (z.Bsp. gleichzeitig E-Dur, A-Dur, etc...)????
Habe Angst wenn ich mehrer gleichzeitig angehe es zu Verwirrungen kommt, ich alle verwechsle und ich am Ende gar keine kann.
Aber auf der anderen Seite müssen sich ja erst die Nervenbahnen bilden und wenn ich alles anschneide, also mehrere Tonleitern/Arpeggien gleichzeitig lerne, können sich ja so schon Nervenbahnen bilden was bei der eine-Tonleiter nach-der-anderen-Methode ja nicht der Fall wäre. Können sie mir in meinem Fall weiterhelfen???
======= ich sehe zwei möglichkeiten:
1. wahrscheinlich gibt es typische lieder, die häufig mit der einen oder anderen tonart einhergehen, dann könnten Sie sehr unterschiedliche lieder finden, z.b. einen country- und western für eine tonart (könnte g-dur sein), die typisch für diese ist, einen tango für eine andere etc. dann können SIe ruhig parallel üben (mit zeitlichem abstand zwischen den einzelnen, z.b. alle 2 std. eine tonart) somit machen Sie intervall training mit kurzen zeiten am anfang, bis alle ein wenig vertraut sind. so könnte man 3 - 4 (max) parallel lernen, wenn man will. und es dürften kaum mehr HAUPT-TONARTEN sein, die im praktischen leben am meisten "drankommen wrden". die nebentonarten könnte man vielleicht später linear hintereinander immer je einen DAZU lernen, wenn man die wichtigsten schon einigermaßen drauf hat (wenn hier die ersten nervenbahnen angelegt wurden). was meinen Sie? dann dauert es nicht so lange, weil sie nicht alle linear lernen müssen...
vfb


Schönen Dank im Vorraus
Spencer

11. Dezember 2006
aus ihrer anfrage geht leider nicht hervor, welche art gitarre (klassisch, elektrisch - > wäre ein wichtiger hinweis zur mensur) sie spielen und ob sie die berufschule mit hauptfach gitarre oder gitarre als nebenfach belegen (hinweis zum leistungsanspruch). gerne teile ich meine erfahrungen zum thema gitarre und tonleitern / arpeggios.
1. grundlageLernen Sie die alle 5 grundlegenden positionen der c-dur tonleiter und des dazugehörigen arpaggios (gehört zusammen). üben sie dies langsam zu einem metronom und achten sie auf ihre körperhaltung und die atmung.
======= achtung, ich persönlich bin kein freund von metronom-übungen, bitte entscheiden Sie im einzelfall selbst... wir üben viel zu früh "auf metrononm", das gehört zum bereich der FORTGESCHRITTENEN, nicht zum einsteigerbereich. jeder zusätzliche aspekt, der das üben erschwert, macht den einsteigerbereich schwerer als nötig, das entspricht allerdings leider den NORMALEN praktiken im musikinterricht.... tja. in meinem buch "das innere archiv" im modul "forschungsergebnisse" beschreibe ich einige bahnbrechende experimente der harvard-professorin (mit ihrem team) ellen j. LANGER, darunter eins in musik. die eine gruppe übte streng nach vorschrift (piano = piano, und immer mit MIT METRONOM), die andere OHNE. diese wurde auch angewiesen, so viel wie sie wollte zu variieren (auch mitten im stück das tempo zu wechseln, piano und forte = vorläufig EGAL) ETC. WERGEBNIS: die zweite gruppe hatte a) wesentlich mehr spaß, b) spielte wesentlich besser und wurde von unabhängigen musiklehrern um ein bis zwei grade BESSER eingestuft (als fortschrittlicher) als ihr stand am anfang der übungs-session und c) wollten mehr leute in gruppe II nach diesem experiment WEITERMACHEN. so viel für herkömmliche arten zu üben...

2. vom bekannten zum neuenzeichnen sie sich die griffbilder aller tonleitern (dur pentatonik, moll pentatonik, dur, moll, vermindert, …) und arpeggios (dur, moll, dominant, .. jetzt wird’s jazzig .. maj7, m7, m7b9 usw) in der tonart c auf ein blatt a3 (vorlage zeichnen und kopieren). sortieren sie die tonleitern derart, dass sich von tonleiter zu tonleiter nur das griffbild für einen finger verändert (bsp dur - > moll die terz).
======= tolle übung!

nummerieren sie diese blätter. tun sie dies erst mit der tonart c, dann mit allen tonarten (vorsicht: das mach so viel spass, sie könnten die zeit darüber vergessen!). malen sie die prime, terz und quinte je in einer farbe auf die griffbilder. hier prägen sich bereits so viele infos ein, ohne dass sie etwas bewusst gebüffelt haben.
======= ich füge hinzu: zeichnen Sie mehrmals: das erste mal auf zeitungspapier (zum wegwerfen später). hier beachten Sie nur, was wohin gezeichnet und wie angemalt wird. beim zweitenmal zeichen Sie zum aufbewahren. das doppelte vorgehen hilft immens beim einprägen. wenn ich ein kawa (mit infos aus einem text, den ich z. erstenmal lese) zweimal mache (einmal IM BUCH direkt, einmal in der KaWa.Kladde) merke ich mir weit mehr und kann fast alles hinter re-konstruieren, was bei einmaligem zeichnen/beschriften nicht passiert. das gehirn baut anscheinend beim ersten durchgang vor allem das RASTER AUF (die groben orientierungsfaden im wissens-netz und beginnt erst beim zweitenmal inhaltich wirklich aufzunehmen...

3. schreiben sie die griffbilder aus punkt 2 in notenschrift auf.
==== falls Sie mal DO RE MI FA ... gelernt haben, schreiben Sie dies dazu. oft ist einem das "kinder-system" der italienischen tonleiter nämlich weit vertrauter als die eigentliche notenschrift, die man später in der schule lernt... (vor allem, wenn man noch nicht lange dabei ist).

4. kaufen sie sich (falls nicht vorhanden) 3 umfangreiche samlungen an notenbücher (1. volkslieder, 2. klassik, 3. jazz).
======= auch gebraucht in internet suchen, wenn geld ein thema ist... noten gehören nämlich nicht gerade zu den preiswertesten publikationen...

schreiben sie zu jedem lied dieser samlungen die tonart in den index. werten sie aus (c-dur : 193 lieder, c#dur: 8 lieder). üben sie die häufigen tonarten (80 / 20 regel).
====== das hatte ich in meiner ersten antwort auch schon gesagt...

alleine bei dieser forschungsarbeit lernen sie eine unmenge an für die praxis anwendbare theorie, man muss es erlebt haben.
====== kann ich voll unterstreichen, entspricht dem, was ich vielfach publiziert habe...

5. analaysieren sie die lieder bezogen auf die akkordbverbindungenc-dur – g-dur - f-dur - …) spiele sie die häufig vorkommenden verbindungen
====== richtig, s. meine erste antwort...

6. nehmen sie alles auf (z.b. mp3 recorder / player) und hören sie sichdas ergebnis an.
====== aber erst, wenn Sie einigermaßen gut klingen. am anfang sollten Sie die zeit lieber zum LAAAAAAAAAANGSAMEN ÜBEN nutzen. ich rate auch sprachlernern, sich mehr ORIGINALE anzuhören, als eigene aufzeichnungen, die weit weniger bringen. vielleicht gibt es ja professionelle darbietungen der chorde, die man regelmäßig hören könnte... denn was ich gehört habe, kann ich besser produzieren (sagen, singen, spielen), das ist schon richtig, aber erst, wenn das zu hörende einen nicht nervt, weil man die akkorde noch so unsauber greift, daß es nicht gut klingt...

7. beginnen sie bei 1 mit der nächsten tonart, bis sie alle durch haben.

8. jetzt üben sie pro tag alles bisher gelernte in einer tonart (1. januar: c, 2. januar: d, ...)so üben sie ihr repertoire täglich und nehmen pro monat jede tonart einmal durch.
======= hm, man kann aber möglicherweise feststellen, daß einem die eine oder andere tonart sympathischer ist (s. meine erste antwort) , so daß man mehr zeit auf das LAAAAAANGSAME ÜBEN der unsympathischen verwenden muß (für eine prüfung) während man fürs leben die häufigen mehr übt, weil man sie mehr spielen will...

9. dann folgt: alles (tonleitern, arpegios) im stundentakt. 1. stunde c-, 2. stunde d. die stunde teilt sich auf in ca. 10 – 15 minuten spielen, dann folgt eine andere tätigkeit (lesen, abwaschen, kurzer spaziergang).10. freuen sie sich über ihre bestandene aufnahmeprüfung.
====== danke für die guten be-REICH-erungen zu meiner ersten antwort.
vfb

viel erfolg
Günther Csucker