Streitgespräch zu
FINNISCH 7.8.06
Sehr verehrte Frau Birkenbihl,
falls Sie nicht direkt helfen können, kann vielleicht ein insider sich
eimischen? Wir haben eine Streitfrage im Freundeskreis und kommen
nicht weiter. Ist jetzt Fininisch eine agglutinierende Sprache oder nicht? Da
Sie in Ihrer spannenden DVD von Null Ahnung zu etwas Chinesisch
das Prinzip der Agglutinierung für das Chinesische aufzeigen entstand nun
hier eine lebendige Debatte mit zwei Finnen. Der eine behauptet, seine Muttersprache
sei analytisch - also flektiert, wie die indogermanischen Sprachen - mit Konjugationen
und Deklinationen. Er behauptet sogar, das Finnische habe weit mehr Fälle
als das Deutsche (mindestens 8, wenn nicht über 12, da war er sich nicht
ganz sicher). Der andere Freund behauptet, Finnisch sei eher wie Chinesisch
und ein dritter behauptet gar, dasselbe gälte für Ungarisch. Jetzt
ist der Frieden gefährdet. Erste Versuche, die Frage im Internet zu googlen,
konnten auch keine schnellen Erfolge bringen. Wissen Sie Rat? Oder meldet sich
jemand?
Danke für Ihre gute Arbeit, besonders die neue Karsfelder Trilogie ist
wieder eine Wucht geworden. So preiswert jedes Jahr mit drei DVD-Mitschnitten
mitzuerleben, was Sie so treiben, ist schon toll. Danke.
====== also, ich habe gerade mit TÜRKISCH (auch eine agglutinierende sprache!
- egal wis die grammatiken behaupten) begonnen und schaue mir gleichzeitig ein
wenig zwei sprachen an, zu denen es verbindungen gibt, nämlich ungarisch
und FINNISCH. daher kann ich Ihnen folgendes mitteilen:
1. finnisch ist eine MISCH-FORM; es gibt sowohl flexionen (deklinationen, konjugationen)
aber es gibt auch agglutinierende elemente (suffice, die hinten angefügt
werden). schlimm ist, was sprachlurslehrer ihren armen schülerInnen so
alles erzählen, um strukturen in bekannte grammatikalische schemata zu
pressen, wobei man teilweise auch andere wählen könnte. so behaupten
einige, es gäbe mehr als einen infinit im finnischen, wobei jedoch einge
dieser infinitive der sog. nominalisierung im deutschen entsprechen (wenn wir
vom SCHREIBEN sprechen, als sei sprechen ein hauptwort). vgl. LÄHTEÄ
(abreisen) mit LÄHTEMINEN (das abreisen). neben den indo-europäischen
flektierten elementen gibt es aber auch agglutinierende, d.h. daß
regelmäßig wortungetüme entstehen, die im deutschen einem kompletten
relativ-SATZ entsprechen (dies finden wir auch bei ungarisch und im türkischen
wieder). dieser tatbestand motivierte den autor eines lange vergriffenen sprachlexikons
sprachen (bei fischer) zu finnisch zu schreiben (s. 88f): Die
durch den Einfluß indogermanischer Sprachen geschaffenen Konjunktionen
und Relativpronomina sorgen für eine analytische Verknüpfung von Wortgruppen
und Sätzen, so daß der Satzbau ungleich LEICHTER zu überblicken
ist als der Satzbau der Türksprachen. Es gibt 15 Fälle, viele davon
werden im Detuschen durch Präpositionen wiedergegeben...
vfb
M.f.G.
M.W |