Sprachenlernen in der Schule 11.7.06

Liebe Frau Birkenbihl, ich bin Referendarin im ersten Ausbildungsjahr für Fremdsprachen. Vor kurzem habe ich im Rahmen meines Englisch-Nachhilfe-Schülers mit ihrer Methode beschäftigt und bin hellauf begeistert: Die Lerner treten hier wie nie zuvor in den Mittelpunkt des Interesses.
======= genau.

Das gefällt mir besonders an Ihrem Konzept, denn auf den Klassenraum übertragen, würde dies Binnendifferenzierung und Individualisierung des Lernprozesses auf höchstem Niveau bedeuten!!
======= so ist es.

Je mehr ich darüber nachdenke, wächst in mir der Wunsch nicht nur einem Schüler diese Möglichkeit zu eröffnen, sondern den Versuch zu starten, eine ganzen Schulklasse (zunächst in einer Projektphase) mit Ihren 4 Arbeitsschritten vertraut zu machen.
========= das wäre schön!

Ich könnte mir vorstellen, dass die Schüler zunächst von mir de-kodierte Texte erhalten, die sie dann mit Anmerkungen versehen und farbig markieren. Allerdings müssten die Schritte 2 und 3 wahrscheinlich eher nach Hause "ausgelagert" werden, oder?
======= also das AKTIV-HÖREN könnte man EINIGE MALE in der klasse machen, damit die kinder aus bildungsferneren familien, die selbständiges arbeiten nicht gewöhnt sind, ein minimum mitbekomen haben und merken können, daß diese methdoe Ihnen auch ohne "lernen" eine chance bietet. passiv kann man auch ein wenig in der klasse laufen lassen, um zu zeigen, wie es geht (leise via lautsprecher), zumindest anfangs. außerdem würde ich eine tabelle vorbereiten in denen die schülerInnen die zeiten des aktiven und passiven hörens eintragen, damit wir nachweisen können: AKTIVES LERNEN (= aktives hören) kostet WEIT WENIGER ZEIT ALS VOK. PAUKEN UND BRINGT WEIT MEHR während passives lernen völlig nebenbei läuft und keine eigene zeit kostet. je mehr passiv hören sie schaffen, desto leichter fallen dann die aktivitäten in lernschritt 4. da lernen schüler, diese prozesse auch bewußt wahrzunehmen..

Den 4. Schritt könnte ich mir wieder in der Schule in Form einer Lerntheke vorstellen, wo die Schüler je nach Lerntyp aus einem Repertoire an Übungen auswählen können.
======== sehr gut. außerdem könnten Sie kleine gruppen-übungen machen, indem einige, die mitmachen wollen, DIALOGE aus dem buch gemeinsam VORSPIELEN (theater), auch gerne waaaaaaaaaaahnsinnig übertrieben. die lachen sich kaputt und ERLEBEN die sprache einmal ganz anders. dasselbe gilt für das singen von de-kodierungen von bekannten pop-songs, auch hier könnten EINIGE sich hervortun, für die klasse. solche kleine PERFORMANCES machen jungen leuten sehr viel spaß, dabei lernen die zuschauer genau so viel wie die akteure (s. 3. abend karsfeld 2006, stichwort SPIEGEL-NEURONEN - neueste ergebnisse aus der gehirnforschung!!)

Das wäre mit etwas Aufwand im Vorfeld verbunden, der sich aber meiner Meinung nach lohnen würde!
======= der aufwand ist zwar vorhanden, aber nur anfangs, denn nach einer weile können die schüler in kleinen grüppchen selber de-kodieren, Sie müssen dies nur für die ersten texte machen, damit die schüler in dieser PILOT-PHASE als forscher herausfinden können, wie die neue methode funktioniert. das de-kodieren von pop-songs u.a. aktivitäten ist eh aufgabe der jungen leute, bei dem Sie am ende nur die lücken füllen, die dabei vielleicht stehen bleiben...

Und zwar nicht nur für die fachliche Kompetenz, sondern auch für das künftige Lernverhalten der Schüler (Selbständigkeit)!
======= richtig. die schülerInnen lernen eine menge über DAS LERNEN per se dabei, das allein wäre es schon wert...

Halten Sie das in schulischem Rahmen für machbar?
======= es gab vor vielen jahren eine lehrerin in berlin, die in einer soszial sehr schwierigen schule als erste den weg im klassenzimmer einer regelschule (hauptschule) ging, drei jahre lang (bis sie aus dem schuldienst ausschied: sie lebt heute in irland). Sie stellte fest: nur einige wenige schüler, die absolut nichts machen (die also auch beim herkömmlichen spr. lernen nichts gelernt hatten), "fielen heraus", ansonsten waren ihre erfahrungen:
1. die schwachen werden gut.
2. die guten werden sehr gut.
3. sie sehr guten werden genialeinige kinder konnten ihre lern-erfolge auch auf andere fächer übertragen, weil sie (teilweise zum erstenmal) kapierten, daß sie sehr wohl LERNEN KÖNNEN, wenn das system ihnen eine faire CHANCE bietet!

Oder würden Sie Verbesserungsvorschläge anbringen?
====== s. oben.

Darf ich Ihre Methode überhaupt ohne urheberrechtliche Probleme anwenden?
======== im gegenteil! die sprachlernmethode ist EINE der NLLS (nicht lern lern-strategien), die ich entwickelt habe, aber leider weigern sich gerade sprachlehrer mehr als lehrerInnen aller anderen arten, mitzumachen. es sind inzwischen hunderte von lehrern, die ABC-listen, KaWa.s, mini-theater etc. (s. buch TROTZDEM LEHREN) WQS.s. zitate-technik etc. regelmäßig einsetzen, aber sprachlehrerInnen streiken. man könnte meinen, sie liebten es, ihre schüler hilflos zu halten. inzwischen weiß ich, daß auch das mit den spiegel-neuronen (3. vortrag, karsfeld, letzte woche herausgekommen) zu tun hat, daß es also kein böser wille ist, und daß wir nur eine chance haben, wenn lehrerInnen dies begreifen. ich habe bisher die wenigen lehrerInnen, die mitmachen wollten, verloren, als ich forderte, daß sie einen selbst-versuch machen sollten.
*********************** Ich habe mir schon vor einiger Zeit einen Italienisch-Kurs, der auf ihrer Methode basiert gekauft und werde diesen nach meinem letzten beratenden Unterrichtsbesuch für dieses Schuljahr (nächste Woche in Angriff nehmen).
=========== wenn ich Sie richtig verstanden haben, nehmen Sie - wie ALLE LEHRER - bereits kontakt auf, ehe Sie auch nur einen kleinen SELBST-VERSUCH gemacht haben? ich kann das echt nicht begreifen. da denkt man schon darüber nach, etwas LEHREND einzusetzen und hat noch nicht einmal einen versuch der anwendung gemacht. manchmal frage ich mich, warum lehrer solche angst vor eigenen lernversuchen zu haben scheinen, insbes. sprachlehrerInnen. ich kann das nicht begreifen. also sage ich Ihnen, was ich immer sage (und auch schon in meiner letzten mail erwähnt haben dürfte): BITTE MACHEN SIE ZUERST EINEN SELBSTVERSUCH und melden sich dann wieder. es gibt ein buch, eine DVD mit vortrag, fragen+antworten plus 70 min. bonus-material, damit schaffen es tausende von leuten, also wird das wohl auch lehrerinnen gelingen. DANACH KÖNNEN WIR GERNE REDEN, aber nicht davor. sorry.

meist höre ich dann nichts mehr. die wenigen, die einen selbstversuch selbstverständlich finden, weil man nicht lehren kann, was man nicht erlebt hat, können es leider an ihrer schule nicht durchsetzen, weil rektor, schulleitung etc. dagegen sind. wenn Sie all das schaffen, helfe ich Ihnen gern. vielleicht können wir ein PILOT-PROJEKT darauf machen, welches auch anderen mut machen könnte? was meinen Sie?
übrigens zum sprichwort der urheberrechtlichen probleme: wenn die schüler den TON zu den lektionen kaufen, kann auch kein sprachbuch-verlag meckern. was lehrerInnen nämlich gerne tun ist EINMAL den ton kaufen und dann für alle schüler kopieren, das ist rechtlich nicht zugelassen, außer der schulbuch-verlag stellt den text als kostenlosen download zur verfügung. aber was meine methode angeht, so habe ich sie ja veröffentlicht, damit sie angewendet werden kann.
:-))))
vfb

Mit freundlichen Grüßen voller Tatendrang,
U. Weinmann