Gegen Lehrer oder die Schule?? 8.5.06

Liebe Frau Birkenbihl, ich muß zugeben, daß ich mich eine lange Weile gegen Sie und Ihre Arbeiten gesträubt habe, weil mich Ihre Anti-Lehrer-Bemerkungen gestört haben. Nun wies mich mein Sohn (auch Lehrer) darauf hin, daß Sie oft und seiner Meinung nach zu Recht gegen das System Schule wettern, weniger gegen die Lehrkräfte, außer es geht tatsächlich um Fehlleistungen konkreter Personen, beispielsweise in Beantwortung konkreter Fragen in Ihrer Wandzeitung. Ich frage nun: hat er Recht?
======== ich glaube, ja. was mich am meisten nervt, ist tatsächlich das SYSTEM. jetzt, wo Sie das sagen, wird es mir auch klarer. denn das system ist total kaputt, es ist optimal auf kinder bildungs-NAHER einrichtugnen abgestellt und für kinder aus bildungs-FERNEN familien (mit oder ohne migrationshintergrund) außerordentlich FEINDSELIG. hinzu kommt, daß unser staat überall plätze für kinder und junge leute schließt, weil wir angeblich dafür kein geld haben, wiewohl wir weit mehr für sie ausgeben müssen, wenn sie kriminell werden (was bei auf der straße herumhängenden jugendlichen weit wahrscheinlicher ist, als bei jenen, die in jugendzentren ihre zeit verbringen). desweiteren machen wir es jungenmüttern fast unmöglich, GUTE kindergärten (vorschulen, wie in anderen ländern) zu finden, in denen ihre kinder die grundlagen für ein erfolgreiches leben erhalten. die ersten weichen werden bis zum 6., die zweiten, bis zum 9. lebensjahr maßgeblich gestellt. danach kann man mit mühe und aufwand auch noch viel erreichen, aber davor ist es so leicht, daß kinder große lustgefühle erleben, wenn sie so lernen dürfen. es gibt auch in deutschland jede menge brillanter PILOT-PROJEKTE aber deren teilweise wunderbarer ergebnisse werden nach der pilotphase nicht auf regelschulen übertragen. derzeit wachsen privatschulen, wir haben fast so viele wie vor dem zweiten weltkrieg, als das (groß-)bürgertum die kinder privat unterrichten ließ, weil heimunterricht durch hitler verboten worden war (demnächst kommt ein beiträg über HOMESCHOOLING in die TEXT-schublade). Sie sehen also, es liegt einiges im argen und das macht mich oft so zornig, daß ich kaum atmen kann. hinzu kommt, daß ca. ein drittel der lehrkräfte keine sein sollten, sie fühlen sich permanent überfordert, hilflos, lehnen die „de-motivierten“ schüler ab und wollen nicht wahrhaben, daß das AUCH ihr „verdienst“ ist. ein weiteres drittel ist neuerungen gegenüber aufgeschossen, muß aber auch gegen das SYSTEM kämpfen (drum heißt meine kampfschrift ja auch TROTZDEM lehren - für lehrer, eltern und solche, die sich selbst unterweisen wollen). und ein drittel der lehrer sitzt auf dem zaun und wartet ab. wenn an ihrer schule etwas tolles passiert und sie sehen, daß es funktioniert, machen sie mit, wenn nicht, machen sie im alten stiefel weiter. eben deshalb ist es so wichtig, daß dinge in schulen passieren, weil das eine drittel lehrer das zweite drittel bald mitziehen kann und nur noch das erstgenannte drittel dagegen angeht.tja, ich wollte gar nicht so viel schreiben, aber ihre frage hat mir geholfen, meine position noch etwas schärfer zu definieren.
danke
vfb

(möchte bitte anonym bleiben)