DEUTSCH in der Schule mit Migrantenkindern? 13.3.06

Liebe Frau Birkenbihl! Wir stehen in der Volksschule oft vor dem Problem, Neuösterreicherkindern, die noch kein Wort Deutsch verstehen, eben dieses beibringen zu sollen. Was schlagen Sie vor?
======== erstens stelle ich immer wieder fest, daß die zahl der lehrerInnen, die selbst kein "richtiges" deutsch sprechen, zumimmt, d.h. die "neu-deutschen" hören nicht einmal in der schule gute vorbilder. In radio und fernsehen seit langem nicht mehr und in der nachbarschaft hören Sie womöglich nur muttersprache oder dialekt, also haben Sie ÜBERHAUPT KEINE CHANCE, die neue sprache RICHTIG zu lernen. hier muß m. e. massiv gegengesteuert werden. in deutschland gilt seit PISA, daß wir bei sozio-ökomom. distanz siegen (kinder aus bildungsfernen familien haben KEINE CHANCE), aber auch österreich liegt noch weit entfernt im vgl. zu finnland und schweden. nicht zuletzt, weil dort an schulen HOCHSPRACHE gesprochen wird UND weil der sprachunterricht dort sich weniger auf grammatikstunden bezieht, die nachweislich nur kindern aus bildungsnahen familien helfen während sie nicht dazu beitragen können, ein sprachgefühl aufzubauen, wenn die grundlagen der sprache vom elternhaus her nicht vorhanden sind! was ebenfalls sehr helfen kann sind LIEDER, bei denen man die einzelnen wörter möglicherweise de-kodiert (wenn das im fremdsprachenunterricht funktioniert, warum nicht auch für kinder, deren fremdsprache deutsch ist?). man bräuchte nur jemanden, der die muttersprache kann, um einmal herauszufinden, was die deutschen wörter in den jeweiligen fremden muttersprachen bedeuten. dann können die kinder z.b. karaoke-artig die lieder üben (heute mit einfachen pc-programmen möglich). dabei lernen Sie eine menge sprache, wie der abschnitt über UNGARN in ELSCHENBROICHs wunderbarem buch über DAS WELTWISSEN DER 7-JÄHRIGEN zeigt (lesen Sie zuerst hinten den internationalen teil, staunen Sie und überlegen Sie, was Sie übernehmen möchten. insbes. die vielen LIEDER in ungarn wie auch das programm von GB kann sicher, in teilen für uns hilfreich sein.

außerdem hat es sich hervorragend bewährt (z.b. in slum-gebieten der usa, wo viele kinder aus asiatischen und hispano-familien in dieselbe schule gehen), daß THEATER-SPIELEN sprachlich mehr bringt als hunderte von "deutschstunden" im üblichen stil! schon weil man hier besonders deutlich und laut sprechen muß und so durch den faktor der "übertreibung" wesentlich schneller nervenbahnen anbaut als bei dem herumgemurmele im klassenzimmer (wo kinder selten wirklich laut und deutlich sprechen).
was schreiben und lesen angeht: lassen Sie die kinder ERZÄHLEN von dingen, die ihnen wichtig sind. transkribieren Sie diese geschichten und machen Sie daraus LESESTOFF (die idee übernahm ich von einer neuseeländischen lehrerin, die merkte, daß Sie mit lesestoff für englische kinder im schulbuch bei den maori-kids auch nicht weiterkam).ich hoffe, das sind einige erste anregungen...? (bitte auch mal mit stichwortsuche in der wandzeitung suchen, wir hatten schon fragen re schweizerdeutsch*, vielleicht ist da auch eine anregung für Sie dabei (kennen Sie den beitag mit der roten überschrift schon?).viel erfolg (= folge Ihres tuns ab heute)
vfb

Mit freundlichen Grüßen aus Österreich
Birgit Dirschl

*Hoch- und Schweizerdeutsch 6.1.06