CHAPEAU und: YANKELOVICH?
23.6.05
Beitrag
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S.g. Frau Birkenbihl, ich war vor vielen Jahren auf einem Ihrer Seminare, damals
ging es um Zukunftstauglichkeit. Ich habe diesen Begriff bei Ihnen das erste
mal gelernt und damals noch fast geschmunzelt, bis Sie uns klar gemacht haben,
wie wichtig es ist, uns geistig für die Zukunft zu rüsten. Heute,
nach fast 20 Jahren kann ich nur sagen: "Chapeau!". Hut ab vor soviel
Vorauswissen über die danach eintreffende Zukunft, die Sie damals als eine
von mehreren möglichen Zukünften bezeichneten, wenn Deutschland sich
nicht besinnt. Sie haben sogar PISA damals vorausgesagt. Aber Sie prognostizierten
auch einige kommende Zukunfts-Technologien, zum Beispiel die "Diamantdünnfilmbeschichtung".
Wir fanden einen kleinen Betrieb, der daran arbeitete, investierten und haben
es nie bereut. Jetzt beginnt diese Technologie sich auszubreiten, aber da sie
eher Hintergrundarbeiten unterstützt als sich in den Vordergrund drängt,
wissen noch immer herzlich wenige Leute etwas davon. Danke auch dafür.
======= danke für Ihr feedback. besonders nach vielen jahren überzeugt
es, wenn Ihnen einzelne aspekte eines Er-EIG-nisses so in erinnerung bleiben,
weil Sie sich damals wirklich etwas ange-EIG-net haben...
Dieses Seminar hat mehr
für mein Leben getan als viele Jahre Schulbldung und unzählige weitere
Seminare und Konferenzen, an denen ich davor und seither teilgenommen habe.
Jetzt kehrte ich nach längerem Auslandsaufenthalt zurück, entdeckte
Ihre großartige Homepage und stand fassungslos vor dem, was Sie in der
Zwischenzeit aufgebaut und geleistet haben. Die Zahl der seither erschienen
Titel ist enorm, habe einen Stapel gekauft und seither lese ich, schaue VHS
und DVD und erstaune mich tagtäglich über Ihre geniale Art von der
Quantenphysik über Memetik bis zu Manipulationstechniken so zu informieren,
daß wirkliche Einsichten im Kopf entstehen. Besonders intensiv haben Sie
sich ja mit dem Thema Lernen befaßt (damals dachten wir, Sie hätten
diesem Thema nichts mehr hinzuzufügen, Ihr Stroh im Kopf? galt ja als die
"Bibel" auf diesem Gebiet.
======= achtung, auch hier gab es dramatische änderungen: die 36. auflage
wurde maßgeblich überarbeitet, die 42. wurde ebenfalls verändert
(wie gehen gerade in die 45. auflage), also ein altes "stroh..." bitte
beiseite legen....
und jetzt komme ich zurück
und finde einige weitere Bücher, VHS und DVD, die sich ausschließlich
mit Wissenserwerb befassen. Ich staune nur. Wie gesagt: "Hut ab" vor
dieser Leistung. Aber ich möchte nicht nur danke sagen und meiner Bewunderung
Ausdruck verleihen, sondern ich habe auch eine Frage: Sie erwähnten damals
einen Forscher namens YANKELOVICH.
Den Namen merkten wir uns leicht, weil ein entfernter Verwandter so heißt,
aber neulich, als wir über das Seminar von damals und Ihre Entwicklung
seither sprachen, stellten wir fest: mein Mann und ich erinnern uns ausdrücklich,
daß Sie jenen Yankelovitch erwähnt hatten, aber nicht mehr warum.
Das paßt eigentlich gar nicht zu Ihrem Stil und deshalb wollen wir es
jetzt wissen: welche wichtige Botschaft haben wir damals vielleicht nicht mitgenommen
aus Ihrem wunderbaren "Supermarkt der Ideen"?
======= ich führte in den jahren 1990 bis 1993 einige zukunfts-seminare
durch, dann aber aufgehört, weil die deutschen daran einfach zuwenig interesse
hatten (wir leben jetzt mit den folgen! bildungs- wie wirtschaftspolitisch!!).
daher weiß ich nicht, in welchem Sie waren. es gibt zwei zusammenhänge,
in denen ich diesen genialen amerikanischen forscher manchmal erwähne (wobei
ich seine arbeit eher als unterstützende "flankierende maßnahme"
sehe und es daher nicht so verwunderlich ist, wenn Sie sich nicht direkt daran
erinnern). außerdem kann man nie 100% wahrnehmen und damals gab es noch
kaum mitschnitte von seminaren... also: zum damaligen zeitpunkt sprach ich sicher
von seinen studien über gewisse entwicklungsphasen der nachkriegswelt (nach
dem 2. weltkrieg), die da heißen: phase 1 (im beginnenden wirtschaftswunder
in usa und deutschland): ALTE WERTE UND NEUER WOHLSTAND. das heißt; wiewohl
die menschen wohlhabender wurden, lebten sie nach den alten werten (bescheidenheit,
sparsamkeit, fleiß). dann folgten die jahre, in denen man glaubte, es
müsse ewig so bleiben, also warf man die alten werte über bord und
so entwickelte sich die WEGWERFGESELLSCHAFT, die die umwelt genau so ausbeutet
wie die eigene volkswirtschaft. man entwickelt soziale sicherheitssysteme, die
man sich bald schon nicht mehr lesten kann, weil in der dritten phase der wohlstand
zurückgeht. YANKELOVICH nennt diese phase: DIE PARTY IST VORBEI, aber es
bleiben die werte der zweiten phase, die überhaupt nicht zur täglichen
realität passen, also erleben wir eine nie dagewesene phase des egoismus,
des neids gegenüber jenen, die mehr haben oder können, des sozialneids
etc. etc. wir machen lieber das geschäft des besseren wettbewerbers kaputt
als selbst besser zu werden. wir sind eine unglaubliche wüste geworden,
sowohl in bezug auf bildung als auch in bezug auf service. es wird zeit, daß
wir dieser phase entwachsen. es hat sich ja inzwischen herumgesprochen, daß
wir deutsche auf hohem niveau jammern aber wenn wir nicht langsam umdenken,
werden wir eine "bananenrepublik", dann werden nicht mehr 30% unserer
besten jungen leute auswandern sondern noch mehr. es ist 2 minuten vor 12...
HEUTE verstehen leute es, wenn ich das sage, damals, als Sie im seminar waren,
galt ich als nestbeschmutzer. tja, so ändern sich die zeiten...
der zweite aspekt der arbeit von YANKELOVICH wurde erst ende der 1990-iger publiziert
und kann daher damals im semiar noch nicht drangekommen sein. also habe ich
Ihre frage wahrscheinlich beantwortet...
Danke für alles, Sie
haben unser Leben wirklich bereichtert. Wir kommen zu Ihrem Management-Seminar
in Gleisdorf im September, um Sie wieder einmal live zu erleben, und die Grazer
Gegend gehört zu unseren alten Urlaubsgebieten in Austria. Da sehen wir
uns dann wieder...
======= bitte kommen Sie in der Pause unbedingt zum "Händeschütteln",
einverstanden? übrigens wird in der gegend ca. 2 tage später auch
ein COACHING-treffen mit mir stattfinden, in der eine sehr kleine zahl an teilnehmern
mich nach allen BEFRAGEN kann, wonach ihnen der Sinn steht. bitte beim selben
veranstalter des gleisdorfer management-seminars, herrn felditsch, nachfragen,
es steht nicht unter den offenen terminen, weil es ja nicht offen für alle
ist....
vfb
Ihre Monika und Herbert
Schmid
YANKELOVICH-Beitrag
2
Im Beitrag "CHAPEAU und: YANKELOVICH?" sagen Sie, daß Sie zwei
Aspekte der Arbeit von Yankelovich in Seminaren erwähnen und daß
der zweite neueren Datums ist. Nun bin ich neugierig geworden. 1. Ich nehme
an, Sie meinen Daniel Yankelovich? Und: Worum handelt es sich bitte?
======= natürlich ist es Daniel Y., richtig. und es geht im die art, wie
GESELLSCHAFTEN LERNEN - im vergleich zu individuen. in einer monografie (©
1998) finden wir die sog. "Hand L. Zetterberg-Lexture" die YANKELOVICH
im mai 1997 in schweden hielt. das büchlein heißt "How societies
learn". hier stellt er fest: gesellschaften lernen aus zwei quellen: erstens
ihre eigenen fehler und zweitens der notwendigkeit, sich neuen realitäten
zu stellen. wenn eine gesellschaft nicht rechtzeitig lernt, ist sie in gefahr
(wie wir, wenn wir bildungspolitisch das ruder nicht unmittelbar herumreißen!).
desweiteren stellt er drei premissen auf:
1. gesellschaften lernen ANDERS als individuen von ihren fehlern.
2. normale bürger können genau so viel beitragen, um den (wohlfahrts-)
Staat zu verändern, wie politische führer und eliten.
3. falsches lernen (z.B. falsche schlußfolgerungen zu ziehen) geschieht
mindestens so oft wie korrektes lernen. dem können wir hinzufügen,
daß in deutschland in den letzten 2 jahrzehnten jede menge falsches lernen
stattgefunden hat!
eine der kernaussage lautet: gesellschaften lernen ähnlich wie besoffene
TORKELN, d.h. sie erkennen einen fehler und steuern abrupt in die andere richtung
(die sexuelle permissivität in den 1960-iger jahren ist so ein beispiel).
wenn die gesellschaft merkt, daß dies eine überreaktion war, beginnt
sie gegenzusteuern (die reaktionären und fundamentalistischen tendenzen
in den usa seit anfang der 1980-iger jahre). laien sprechen von einem pendel,
das mal hier- mal dorthin schwingt, aber YANKELOVICH zeigt, daß es eigentlich
keine pendel- sondern eine torkelbewegung ist. extrem spannend. wer englisch
kann, sollte das büchlein unbedingt lesen. Sie sehen, ich bin ein YANKELOVICH-fan...
vfb
Mit Dank für Ihre Arbeit
und Hoffnung auf Antwort, Ihr Michael Yankelowitsch (keine Verwandschaft, aber
es dürfte wohl einst derselbe Name gewesen sein) |