Finnisch lernen - "Partitiv"
3.11.04
Liebe Frau Birkenbihl, Sie
schrieben im WZ-Beitrag "Finnisch lernen": >>bin gespannt, ob
andere sich auch noch äußern werden, leute, die etwas vom finnischen
verstehen<<.
Nun, erlauben Sie mir, mich zu äußern obwohl ich bis vor ein paar
Tagen noch keine Ahnung von der finnischen Sprache hatte :-)
Ich bin neugierig geworden und habe im spanisch-sprachigen Internet einen interessanten
Beitrag gefunden. Autor des Artikels ist José MaríaGarcía-Miguel,
den Artikel findet man auf der Webseite der spanischen Vigo-Universität
und der Titel lautet übersetzt: Fälle, Objekt und dasTransitive im
Finnischen mit einem kurzen Vergleich zu Schwedisch, Galizisch und Spanisch.
Es würde zu weit führen und es wäre für mich als absolutes
Neuling nicht sehr einfach, eine Zusammenfassung über den ganzen Artikel
zu machen.Deswegen habe ich versucht, erstmal nur das Wichtigste über den
Partitiv zu verstehen.
In meinem Spanischunterricht würde ich normalerweise die Schüler anhand
von vielen (bunt angemalten) Beispielen die "Regel" selber erkennen
lassen.
====== brav, aber Sie lehren ja auch nach der Birkenbihl-Methode, ha ha. danke
für den hinweis des selber ent-DECK-en-lassens.
Das kann ich jetzt leider
im Finnischen nicht leisten, ich hoffe aber, dass meine Zusammenfassung über
den Partitiv (s.u.) einigermaßen verständlich ist.
===== auf alle fälle schön, daß auch Sie aktiv mitdenken, wiewohl
Sie genauso wenig finnish können, wie ich. wir sind halt aktiv sprach-interessiert,
gell?
Vorab noch, liebe Frau Birkenbihl,
ich bin sehr beeindruckt, wie Sie ohne Kenntnisse der finnischen Sprache eine
so treffende Analyse machen konnten. Das ist wieder einmal ein Beispiel, wie
sich u.a. das Beschäftigen mit vielen Fremdsprachen auswirkt. Ihr riesiges
Wissens-Netz bzw. dicht-summender Mückenschwarm macht es Ihnen sogar leicht,
sich mit einer ganz neuen Sprache auseinander zu setzen! :-)
===== danke
Die meisten Beispiele, die
Herr García-Miguel in seinem Artikel verwendet, stammen von Fred Karlsson
(Finsk grammatik oder Finnish. An Essential Grammar) und Joan Mailing (Of Nominativ
and Accusativ: The Hierarchical Assignment of Grammatical Cases in Finnish).
Wann verwendet man also PARTITIV? In folgenden "Situationen": (I)
(II) (III) (IV)
(I) Bei verneinten Sätzen wird immer Partitiv genommen- anders gesagt,Verneinung
"verlangt" Partitiv.
kirja = Buch (in Nominativ)
kirjaA = Buch (in Partitiv) = Buch-PARTITIV
Da ich es hier nicht bunt anmalen kann, schreibe ich (nur) die Endung mit Großbuchstaben.
Die De-Kodierung übertrage ich aus dem Spanischen von García-Miguel,
ich habe also selber kein Wörterbuch/Grammatikbuch. Es geht uns hier um
den PARTITIV und ich gebe ihn bei der De-Kodierung mit "Wort-PARTITIV"
an (und nur vereinzelt andere Fälle: Adesiv, Elativ, Akkusativ, Inesiv-
man unterscheidet im Finnischen mindestens 14 Fälle!)
Lapsi ..ei ......lukea ..kirjaA
Kind ...nicht ..liest ....Buch-PARTITIV
Im "normalen" Deutsch würde es heißen: Das Kind liest kein
Buch
Kadulla ...........ei ....ole ...autoA
Straße-Adesiv nicht ist ...Auto-PARTITIV
Also: Auf der Straße ist kein Auto
Bei "positiven" (bejahenden) Sätzen ist es möglich zwischen
Partitiv und Nicht-Partitiv (z.B. Akkusativ) zu wählen. ABER in folgenden
Fällen verwendet man NUR Partitiv:
(II) Mit Verben, die Gefühle oder Emotionen ausdrücken wie z.B. rakastaa(lieben),
katua (bedauern), miellyttää (gefallen/mögen). Oder mit Verben,
die eine Bitte oder Erlaubnis ausdrücken.
Minä raskastan sinuA
Ich ...liebe ........du-PARTITIV
Also: Ich liebe Dich
Tuija pyysi minuA ..............tanssimaan
Tuija bat ...ich-PARTITIV ...tanzen
Also: Tuija bat mich zum Tanzen (um einen Tanz)
(III) Wenn das Objekt ein Teil von einem Ganzen oder eine "nicht definierbare"/unbestimmte
Menge ausdrückt.
Kaadan ...............maitoA ...............kannusta
(Ich-)einschenke Milch-PARTITIV ..Kanne-Elativ
Also: Ich schenke Milch aus der Kanne ein im Gegensatz zu:
Kaadan ...............maitoN
(Ich-)einschenke Milch-Akkusativ
Also: Ich schenke die Milch ein (die ganze Milch!)
(IV) Wenn der Satz eine "atelische Aktion" ausdrückt: Wenn die
Aktion/Handlung kein innewohnendes Ende hat durch den wir sagen können,
dass die Aktion beendet, vollendet, bzw. vervollständigt wurde.
Lapsi luki kirjaA illan
Kind .las .Buch-PARTITIV Nachmittag-Akkusativ
Also: Das Kind las am Nachmittag das/ein Buch (hat es aber nicht unbedingt fertig
gelesen!) im Gegensatz zu:
Lapsi luki kirjaN illassa
Kind .las .Buch-Akkusativ Nachmittag-Inesiv
Also: Das Kind las das/ein Buch an einem Nachmittag (impliziert, dass das Kind
es fertig gelesen hat!)
Mies on ampunut poliisiA
Mann hat geschossen Polizist-PARTITIV
Also: Ein Mann hat auf einen Polizisten geschossen (aber hat ihn nicht getötet!)
im Gegensatz zu:
Mies ..on .ampunut ....poliisiN
Mann hat geschossen Polizist-Akkusativ
Also müsste man das jetzt in etwa so übersetzen: Ein Mann hat einen
Polizisten mit einem Schuss getötet (vollendete Aktion!)
====== wow! das müßte jenen, die finnish lernen, eine große
hilfe sein. danke, daß Sie sich so viel arbeit für andere insider
machen - aber das ist es ja, was uns insider auszeichnet. ich bin immer begeistert,
wenn so etwas passiert...
So, liebe Frau Birkenbihl,
nun hoffe ich, dass Ihre Finnisch-Lernenden Insider mit diesen Ausführungen
was anfangen können :-)
===== mit sicherheit können sie dem einiges ent-NEHMEN. danke
Für mich war es jedenfalls
sehr spannend zu erfahren, wie Finnisch eine ganz andere Denke und Struktur
haben kann als Deutsch und meiner Muttersprache Spanisch.
====== deshalb empfehle ich ja das auseinandersetzen mit diversen sprachen,
zumindest ein WENIG, weil solche einsichten uns helfen, auch unsere sprache
besser zu verstehen. wenn ich einmal begriffen habe,, daß franzosen eine
entscheidung NEHMEN (prendre une decision) während engländer (vornehme)
sie ebenfalls nehmen (to take e decision) , weniger gebildete sie hingegen machen
(to make a decision), was sich in den USA als EINZIGE möglichkeit durchgesetzt
hat, dann frage ich mich, was es bedeutet, was wir im deutschen tun. wir müssen
entscheidungen TREFFEN, wie eine zielscheibe und wehe, wenn wir danebentreffen....
während man etwas, das man MACHT, neu beginnen kann, wenn es beim ersten
mal nicht funktioniert und man nach dem ersten NEHMEN gern auch nochmal zugreifen
kann, meinen viele deutsche, daß man eine entscheidung nur einmal treffen
kann und am besten gleich richtig treffen sollte, oder? Auf solche gedanken
kommt man nur durch VERGLEICHE dieser art, und das VERGLEICHS-denken ist eine
der besten Denk-techniken überhaupt. So, zu diesen gedanken haben Sie mich
gerade inspiriert.... hmmmm
vfb
herzliche Grüße
Maria del Carmen Muley
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