Loslassen und Visionen
(ALPHA-Sendungen) 29.9.04
Hallo Frau Birkenbihl, ich
habe auf BR-ALPHA alle ALPHA-Sendungen gesehen und finde, dass sich zwei Gedanken
aus der Sendung nicht vereinigen lassen.
Zum einen haben Sie und Herr Enkelmann auf die Bedeutung von Visionen hingewiesen.
Also z.B: Man stellt sich vor reich zu sein und bemerkt danndas man sich schlecht
dabei fühlt, weil in der Familie immer gesagt wurde:Die haben das nur über
die Leichen anderer geschafft... usw. Herr Enkelmann geht sogar so weit, dass
er Autosuggestion und diese Formeln in einem seiner Bücher vorschlägt.
Oder auch Affirmationen, das ist für mich fast so wie beim Autogenen Training.
Der andere Standpunkt stammt von Rene Egli, der sagt, man soll allesloslassen.
Wenn man sich ein Ziel sucht das in dem Fluss aus der Sendung zuweit weg ist
und sich starr auf das Ziel fixiert, dann wird man sprichwörtlich gegen
einen Felsen fahren, der direkt vor einem liegt. Dieses Loslassen und das Ziele-und
Visionen-Setzen wiederspricht sich doch irgendwie. Jedenfalls kann ich mir nicht
gleichzeitig ein Ziel setzten, und es loslassen. Dann brauch ich mir ja gar
keine Ziele zu setzten und gleich alles loslassen und nichts mehr machen. Das
widerspricht aber dem, was Sie über Adler, Frosch und Verantwortung gesagt
haben.
Hoffentlich ist der Wiederspruch deutlich geworden. Vieleicht können Sie
ihn ja aufheben!?
====== gerne, es gilt tatsächlich BEIDES zu tun, d.h. das eine zu tun und
das andere nicht zu lassen. sehen Sie, im WESTEN neigen wir zur auffassung:
nur der kann ein ziel erreichen, der es erreichen will, also visualisierung
etc. etc. (westliche erfolgs-psychologie). im fernen osten geht man davon aus,
nur der könne ein ziel erreichen, der es LOSLASSEN könne (vgl. zen-bogenschießen).
ich verbinde beide in folgender weise:
1. vorbereitung WESTLICH: klare ziele, etc. wie in der sendung besprochen.
2. ausführung FERNÖSTLICH: loslassen.
Da ich Ihre frage für extrem wichtig halte, möchte ich Ihnen drei
fallbeispiele anbieten, die es klar stellen:
fallbeispiel 1:
Ein verkäufer soll seine ziele akribisch vorbereiten, die kunden (situation,
produktionsmittel, probleme, bedürfnisse) recherchieren, ständig hinzulernen
etc, damit er up-to-date bleibt etc. er soll also klar WOLLEN (sprich: klare
ziele anstreben), das ist also ein anderer ansatz als ein wird-schon-klappen
(nichts tun), d.h. der vorgehensweise vieler verkäufer, die mit EGLIs loslassen
nichts zu tun hat. Aber: VOR ORT: Wenn man BEIM KUNDEN ist, muß man das
eigene ziel LOSLASSEN. man muß sich auf DIESEN kunden einstellen und wenn
das heutige angebot für diesen kunden nicht optimal ist, loslassen, das
akzeptieren. a la long wird er mehr verkaufen als andere, weil er sich nicht
verkrampft auf seine EIGENEN ziele.
zweites beispiel:
Ein/e schriftstellerIn plant, recherchiert, studiert und beginnt sein/ihr buch.
nur wenn man loslassen kann, können beim schreiben noch neue einsichten
AUFTAUCHEN, ich muß oft ein kapitel oder mehr in letzter minute überarbeiten,
weil der denk- und entwicklungsprozess mit dem schreiben ja nicht abgeschlossen
ist. dies aber kann nur passieren, wenn ich loslassen kann, wenn ich es geschehen
lassen kann, was all die studien zuvor, die gedanken etc. jetzt ERGEBEN werden...
drittes beispiel:
ich bereite meine vorträge, seminare, tv-serien etc. akribisch vor, ich
absolviere viele trainings-sessions mit versuchspersonen (birkenbihl-insider,
die sich freuen, vorab zu erfahren, was ich vorhabe), aber wenn ich mit dem
vortrag/seminar beginne, muß ich loslassen. je besser die vorbereitung
(klare zielstellung inklusive) desto besser wird es jetzt "spontan"
laufen, klar! Aber ich muß loslassen, ich muß mich aus das publikum
einstellen, muß quasi SCHWINGEN (statt verkrampft an meinen konzepten
festzuhalten). also kann ein zwischenruf meine reihenfolge ändern u.ä.so,
ich hoffe, die antwort hilft?
vfb
Vielen Dank im Vorraus!
Patrick Pflanz |