PhotoReading 2.1.04

Liebe Frau Birkenbihl! Ich habe schon einiges von Ihnen gelesen: "Kommunikationstraining, Signale d. Körpers u. das NEUE Stroh im Kopf?„ Und in meinem Regal warten noch Bücher von Ihnen, die ich in der nächsten Zeit noch ein "Muss„ oder besser gesagt "Möchte„ für mich sind.
Ich habe Ihre Bücher eigentlich per Zufall entdeckt, sie haben mich jedoch sogleich fasziniert. Ich finde es einfach toll, dass es keine trockene Theorie ist, die Übungen helfen einemwirklich, alles besser zu verstehen und auch anzuwenden. In unserer Nachbarschule wird "Kommunikationstraining„ sogar im Unterricht gelesen.
====== das freut mich. aber noch mehr würde es nich freuen, wenn die leute meine neueren werke (z.b. "intelligente wissens-spiele" auswählen, statt eines buches, das 1973 - 1974 enstand. es gilt zwar als klassiker und das ist ja auch schön, aber das thema gehirn-gerecht denken/lernen/erkären etc. finde ich halt inzwischen so wichtig, daß ich seit ca. 10 jahren fast nur noch hierzu forsche, entwickle und publiziere...

Nur eines habe ich noch nicht so richtig verstanden. Im Buch "Das NEUE Stroh im Kopf? schreiben sie, dass Sie Bücher mehrere Male lesen, wie Sie immer neues entdecken, womit sie auch recht haben. Mir ist vor ca. einem Jahr auch das Buch "Photo Reading„ von Paul R. Scheele in die Hände gefallen, wo Sie ja das Vorwort geschrieben haben und sich sicher mit dem Thema auch näher befasst haben.
Ich möchte nun wissen, wie es sich vereinbaren lässt, Schnelllese-Methoden anzuwenden und trotzdem fortlaufend neue Details zu entnehmen. Dies stellt für mich ein Ding der Unmöglichkeit dar.
====== das hauptproblem ist folgendes. wir haben durch schule und ausbildung eine menge falscher dinge gelernt, z.b. über das LESEN. die müssen wir ernsthaft infrage stellen. vergleichen Sie eimal lesen ind er schule (jedes wort muß von allen gelesen werden, egal ob man es interessant findet oder nicht) mit privatem lesen einer zeitung. sie lesen überschriften, lesen manche artikel an und hören wieder auf, skimmen bei einigen drüber, vertiefen sich in andere artikel und lassen das meiste aus. LESEN sollte so stattfinden, ein SELEKTIVER prozess. deshalb sollten wir es uns erlauben, ganz unterschiedlich zu lesen (und videos/DVD.s zu sehen):
MANCHES picken wir uns als lesenwert heraus, aber VIELES lassen wir links liegen.
MANCHES wollen wir nur möglichst schnell AUSBEUTEN (hier ist photoreading toll), manches möchten wir genießen (z.b. einen guten roman, ein gedicht, eine tolle ABC-Liste, ein schönes KaWa).
aber es gibt auch unterschiedliche dispositionen:
MANCHMAL wollen wir mehr lesen, MANCHMAL weniger.
bei spiegel, focus und vor allem diversen fachzeitschriften klebe ich tesa-nasen an die seiten, mit denen ich mich später näher befassen will, während ich sie zum ersten mal durchgehe. hier skimme ich über manche beiträge (und entscheide HEUTE "das will ich detailliert, mit anstreichen etc. lesen). das sind dann auch beiträge, die ich vielleicht noch später sogar zum dritten mal in die hand nehme (weil ich vielleicht einen vortag vorbereite) und zum zweiten mal detailliert lese (denn beim ersten mal hatte ich ja nur durchgesurft...
dann gibt es bücher, in die ich mich tageweise "hinein" begebe. z.b. NØRRETRANDERS (spüre die welt) oder daniel SCHACTERs: WIR SIND ERINNERUNG (sachbücher) oder DUNE (frank herbert) welches ich im laufe der jahre wohl viermal (in vier sprachen) gelesen habe, weil es so großartige stellen enthält, die mich sowohl literarisch als auch psychologisch faszinieren... (der film enthält leider nichts vom WESEN des buches, wie so oft).
Sie sehen also, es ist alles ein wenig differenzierter als schule uns vermuten ließ. "lies das und wisse hinterher alles, was ich in einem test erfragen könnte". so liest kein mensch außerhalb der schule, weil unser gehirn dafür nicht eingerichtet ist. es will SUCHEN und SELEKTIV wählen, was es WICHTIG FINDET (man beachte die wortwahl), nicht lesen müssen, was nicht interessiert und sich das dann auch noch merken sollen.viel spaß beim gehirn-gerechten lesen in der zukunft..
vfb

Mit freundlichen Grüßen.
Elisabeth Eiböck (19 Jahre)
Beruf: Schülerin der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe in Saalfelden

=====ps ein schönes zitat zu der art von lesen, die die schule von schülerInnen immer noch viel zu oft verlagt:
Zu verlangen, daß einer alles, was er je gelesen, behalten hätte, ist wie verlangen, daß er alles, was er je gesessen hätte, noch in sich trüge. Er hat von diesem leiblich, von jenem geistig gelebt und ist dadurch geworden, was er ist.
SCHOPENHAUER, Parerga und Paralipomenon II, 24