Stichwort: NEUE Wandzeitungs-Leserin/Alte
Kundin 13.8.03
Sehr geehrte Frau Birkenbihl,
vor 2 Jahren habe ich Ihnen einmal geschrieben und ausführlich für die guten
Literaturtips gedankt, die Sie in Ihren Büchern geben. Alles was ich damals
geschrieben habe, gilt heute noch. Sie bereiten mir immer wieder Lesevergnügen.
===== dankeschön. Ihr vorletztes "Stroh im Kopf?" habe ich gerne gelesen und
das Neueste an jemanden verschenkt, der Bammel vor der Führerscheinprüfung hatte.
Als ich letzten Oktober einmal in tiefer innerer Verzweiflung steckte, schrieb
ich, einfach um mich vom Kummer abzulenken, ein paar online-Buchkritiken bei
amazon.de. Ehe ich mich versah, hatte ich einen Platz als TOP 500 Rezensentin
eingenommen, was mich gefreut und wieder aufgerichtet hat. Jetzt ist die Kritikenschreiberei
mir zum Hobby geworden -wenn das meine alte Deutschlehrerin wüßte! Diesen TOP
500-Platz im Ranking (und einen 5 EURO-Büchergutschein) verdanke ich aber vor
allem Ihnen und Ihren guten Buchtips. Es werden nämlich nur die Buchbesprechungen
bei amazon bewertet, die von vielen Leuten interessant gefunden, gelesen und
als hilfreich angeklickt werden. Ihr ANALOGRAPHITI
====== schreibweise bitte: analograffiti
zum Beispiel ist ein Buch,
für das sich bei amazon viele Leser interessieren,das ich rezensiert habe (natürlich
positiv - ich schreibe eh fast nie Verrisse, weil ich weiß, wie sehr das die
Menschen verletzt, auch wenn man noch so Recht hat); und auch viele Bücher,
die Sie als Quellen und Literaturtips angeben. Dafür nochmals Danke!!!!
===== gerne....
Darf ich bei Ihrem Insiderforum
mitmachen und das Paßwort haben?
===== gerne (s. unten)
Herzliche Grüße, Ihr Fan
IS.
PS. Schlechte Erfahrungen mit Journalisten habe ich auch einmal gemacht. Ich
kann Ihr Mißtrauen nur allzu gut verstehen. Das Wort "Recherche" war demjenigen
anscheinend unbekannt, und er nutzte mein Vertrauen, um aus einem ahnungslos
gewährten Interview einen Artikel voller oberflächlichen Klatsch und einseitig
gefärbter Stimmung gegen mich zu machen. Das Ganze geschieht zwar nur um Auflage
zu erzielen, aber da viele Leute alles glauben, was in der Zeitung steht, brach
für mich eine üble Zeit an. Eine Gegendarstellung auf Seite 3 widerwillig und
klein abgedruckt, las dann kaum einer.
====== ja, ich kenne das. ich wurde von Focus, Spiegel und Stern in ähnlicher
weise misrepräsentiert, beim spiegel warf man mir pseudowissenschaftlichen verbalnebel
vor und das für einen vortrag dessen transkript die grundlage war, für einen
artikel im gehirn und geist (verlag: spektrum der wissenschaft) und denen kan
man viel nachsagen, aber wohl kaum pseudowissenschaftlichkeit. tja..
.Wildfremde Menschen, und
flüchtige Bekannte sprachen mich im Bäckerladen hämisch bis plump vertraulich
auf den Artikel an.
====== ja, das kenne ich auch...
Man gerät in die Versuchung,
das richtigstellen zu wollen und sich zu verteidigen. Aber wer sich rechtfertigt,
klagt sich in den Augen der Leute dadurch nur selbst an.
===== außerdem merken sich die leute das dann noch besser! das weiß ich inzwischen
auch...
Man kann eigentlich gar
nichts machen, als die Qual über sich ergehen zulassen und still durchzuhalten,
bis sich der Trubel legt und dieS ensationsgier sich anderen Opfern zuwendet.
====== ein tip: ich nutze die erste chance, um mit fragetechnik die gesprächsführung
an mich zu reißen, z.b. "ah, Sie lesen (diese zeitschrift), was lesen Sie denn
sonst noch so...?" oder ähnlich. die leute lieben es, über sich selbst zu reden,
wenn jemand aufmerksam zuhört. auf diese weise ist diese person der gesprächsgegenstand,
nicht Sie selbst.
vfb
21.8.03
Sehr geehrte Frau Birkenbihl, Ihren Tip in Sachen Gesprächsführung bei unangenehmen
Fragern werde ich beim nächsten Mal anwenden, er ist prima, ich werde meine
Fähigkeiten in diesen Sachen noch durch Übung ausbauen, denn ich bin immer erst
5 Minuten zu spät schlagfertig.
==== bitte bedenken Sie immer, daß FRAGEN Interesse an diesem menschen signalisieren,
während SCHAG-FERTIG-keit die bereitschaft zu schlagen, zu verletzen, weh-zu-tun
beinhaltet. es ist also gar nicht unbedingt schlecht, das nicht so gut zu können,
wie andere....
Ich habe darüber nachgedacht,
weshalb man Ihnen in den Zeitschriften Pseudowissenschaftlichkeit vorgeworfen
hat.
===== ein einziges mal. (das reicht ja schon)
Es liegt einfach daran,
daß Sie sich stets allgemeinverständlich ausdrücken und weder in Ihren Büchern
noch in Ihren Vorträgen mit Fachausdrücken um sich werfen. Weil jeder sofort
versteht, was Sie meinen, hält man das, was Sie zu sagen haben, auch gleich
für simpel.
Die Arbeit, die man beim Ringen um Klarheit hat, sieht keiner. Es ist ein wenig
wie Bildhauerei. Man muß den klaren Gedanken wie eine Skulptur aus dem Marmorblock
heraus meißeln, damit jeder ihn erkennt.
===== da sagen Sie was! so ist es...
Sie sind durch Ihre Allgemeinverständlichkeit
aus eigener Kraft populär anstatt elitär geworden, und das nehmen Ihnen die
Zeitschriften übel, dieselbst gern Königsmacher sein wollen.
Umschreibungen arbeitet, wer dazu noch ein bis zwei Doktortitel und eine Professur
sichtbar vor sich her trägt, von dem glaubt man hierzulande, daß er besonders
klug sei. Prompt verhalten sich alle andächtig und kleinlaut. Ich meine sogar,
daß diese spezielle "Ehrfurcht vor dem Unverständlichen" in Deutschland besonders
stark ausgeprägt ist. Schreiben Sie einfach eine Doktorarbeit, lassen Sie sich
an eine Uni - einer mit klingendem Namen - als Professorin rufen und schon ist
das Problem mit der Presse auch noch gelöst.
====== tja. dazu bin ich leider zu busy, derzeit noch leichtere gehirn-gerechte
möglichkeiten für "opfer" und "täter" zu entwickeln. es kommt bald etwas unter
"was ich gerade schreibe", also ab und zu mal dort reinschauen..
vfb:-)
Mit freundlichen Grüßen,
IS
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