Stichwort: Aktiv leben

Eine insiderin schrieb:
Sehr geehrte Frau Birkenbihl, wenn ich Ihren Lebenslauf (auf Bücherhüllen) lese, kann ich Ihr aktives Leben nur bewundern. Wie schaffen Sie es, sich zu motivieren ?
Ich versuche nämlich seit längerer Zeit meinen 11-Jahre jüngeren Bruder (nun 14 Jahre) zu einem solchen aktiven Leben erfolglos zu motivieren. Er sieht den größtenTeil seiner Freizeit Fernsehen. Er schaut sich aus langer Weile auch Sendungen an, die ihn nicht wirklich interessieren. Wenn ich nach seinen Interessen frage usw. erhalte ich meistens ein Schulterzucken.
Diese Passivität wirkt sich auf seine ganze Lebenseinstellung aus. Ich mache mir große Sorgen um ihn. Leider sind auch die Lebensumstände nicht die Besten. Zum einen leben die Eltern es vor (passiv leben und jammern = Quaaaak), zum anderen wohnt er in einem kleinen Dorf, wo es selbst in der Schule keine Freizeitangebote gibt. Ich wohne 800 km weit weg und kann deshalb nur etwas mit ihm unternehmen, wenn ich zu Besuch bin.
Bei einem Besuch bei mir zu Hause unternahmen wir viel. Er blühte damals richtig auf. Am Anfang führte ich heftigste Diskussionen mit meinen Eltern, daß sie ihren Sohn (u. sein Selbstwertgefühl) doch fördern müssten und daß sie entscheidend sein Schicksal beeinflussen. Ich stieß auf Ablehnung und Ausreden.

Daß ich selbst aktiver lebe (Studienortwechsel, Auslandsaufenthalt, Theater spielen...),habe ich trotz der Erziehung meiner Eltern glücklichen Umständen zu verdanken. Daraus wurde eine Eigendynamik, so daß ich nun weiß, was gut für mich ist. Ich empfinde es als so wichtig, meinem Bruder zu helfen, daß ichmich nun an Sie wende.
Ich wäre Ihnen seeeehr dankbar für ein paar Tipps.
Hochachtungsvoll und mit freundlichen Grüßen
EK

Vera F. Birkenbihl: Liebe Frau Kuba (Ich nehme an, EDITA ist ein weiblicher Name?)
1. Sie haben erkannt, wie sehr die Quaaak-Kultur zuhause auch Sie geprägt hätte, sowie, daß "günstige Umstände" es Ihnen erlaubt hatten, dort wegzzukommen, also wissen Sie, daßVorhaltungen an die Quaaaakenden nichts bringen werden. Wahrscheinlich sind Ihre armen Eltern ebenfalls von Quaaakenden aufgezogen worden/umgeben etc.....?
2. Könnten Sie selbst irgendwie positive Umstände schaffen, für Ihren Bruder? Er scheint ja schon einmal bei Ihnen gewesen und aufgeblüht zu sein. Könnte man eine Wiederholung planen? Angenommen, er könnte alle Ferien (Ostern, Pfingsten,Weihnachten), einschließlich der großen Ferien bei seiner großen Schwester sein, da könnte man schon eine Menge gegensteuern und ihm zeigen, daß das Leben "da draußen" anders gelebt werden kann!
3. Und wenn Sie ihm helfen, via Internet, zu gleichaltrigen Kontakt aufzunehmen, vielleicht sogar (unter anderem) in unseren Foren (welche allerdings gerade erst beginnen, ich weiß nicht, ob wir schon viele aktive junge Leute dabeihaben), aber es gibt tolle Sachen für junge Leute. hat er daheim Internet-Möglichkeiten? Und können Sie jemanden finden, der Ihnen hilft, einen ANTI-DIALER-Schutz zu installieren, damit sich nie ein 190-Tel. Nummern-Wähl-Teufel bei ihm auf der Festplatte einnisten kann. Einmal so eine Rechnung von mehreren hundert Mark Tel. und Ihre Eltern würden wohl das Internet-Abenteuer beenden, ehe es beginnen kann....
4. Besonders hilfreich ist es für Leute ohne Bock auf Nichts, wenn man ihnen zeigen kann, daß auch sie (schon) anderen helfen können. Nichts motiviert mehr! Ich könnte mir vorstellen, daß auch ein 11-jähriger im Internet schon 8-jährigen bei Hausaufgaben helfen kann oder ähnliches. Oder im Kontakt mit Behinderten, die geistig wach aber körperlich limitiert leben müssen, die vor allem Gesprächspartner suchen - es gibt natürlich auch Kinder, denen Schicksalsschläge (z.b.Autounfall) widerfahren sind.
Ich weiß nicht, ob Sie meinen Birkenbihl-Beratungs-Brief kennen, aber dort publizierte ich einmal die FREUNDLICHKEITENKETTE (die ich später in eines meiner Bücher übernahm, ich glaube, StoryPower (2. Auflage),bin aber ehrlich gesagt nicht ganz sicher. Ich habe im letzten Jahr vier neue Bücher geschrieben (am 4. sitze ich noch) und kann daher momentan nicht ganz klar "sehen".
Wie dem auch sei,diesen Text gibt es auch auf www.birkenbihlbrief.de als kostenlose LESEPROBE (und bald bei uns auch, hoffe ich). Drucken Sie ihn aus und überlegen Sie vielleicht, ob SIe ihn in einer Freundlichkeitenkette "einbauen", denn der Empfänger einer Freundlichkeit soll ja einer weiteren Person ebenfalls eine Freude bereiten (Idee bei OPRAH WINFREY in den USA gesehen).
So, ich hoffe, daß das ein wenig helfen kann?
Ihre
vfb