Uhrzeit und Lernen 1.8.08

Liebe Frau Birkenbihl,ich bin ein großer Bewunderer ihrer Arbeiten. Besonders beindruckt haben mich Ihre 17 Neuro-Mechanismen. Es ist mir beim autodidaktischen Lernen von Wissen sogar oft möglich bei einer einzigen Lernhandlung mehr als 7 „Kügeli“ zu verteilen. Daher sind die Neuro-Mechanismen für mich ein täglicher bewusster Bestandteil geworden und haben die Effizienz meines Lernens enorm gesteigert. Dafür möchte ich ihnen herzlich danken.
======= wunderbar, schön mal von lernenden zu hören, die dieses wissen praktisch anwenden!!

Seit vier Monaten bereite ich mich ausschließlich autodidaktisch auf das erste juristische Staatsexamen vor, das in sieben Monaten stattfindet. Dafür habe ich mein Leben so organisiert, dass ich den ganzen Tag frei habe um zu lernen. Ich habe mich von allen Verpflichtungen frei gemacht. Habe zum Lernen eine wunderschöne Wohnung in der ich mich wohlfühle und kaum gestört werde.
====== aber vorsicht, zu viele stunden am stück machen bald müde, auch in der schönsten wohnung, es müssen gewisse abwechslungen stattfinden, sonst gibt der geist auf...

Dennoch habe ich ein Lernproblem das ich trotz ständigen Reflektierens und zahlreichen Lösungsversuchen einfach nicht lösen kann (auch nicht durch Stichwortsuche in der Wandzeitung und gefundenen Beiträgen zu meinem Problem im weiteren Sinne): Und zwar klappt das Lernen von morgens um 6.30 Uhr bis um 13.00 Uhr wirklich wunderbar. In der Regel kann ich in der Zeit fünf Mal eine dreiviertel Stunde (ca. 4 Stunden insgesamt) voll konzentriert lernen. Dabei verfliegt die Zeit und ich fühle währenddessen gar nichts und nach dem Lernen fühle ich mich ganz gut.Aber dann von 14.30 bis 20.00 Uhr kann ich meistens nur insgesamt 90 Minuten lernen, obwohl ich mich die ganze Zeit in der Wohnung befinde und zu lernen versuche. In der Zeit leide ich und quäle ich mich herum und kann mich einfach nicht aufraffen. Wenn ich dann spazieren gehe oder Sport mache, ist es danach auch nicht besser. Denn wenn ich dann sehe dass ich das was ich geplant habe zeitlich gar nicht mehr schaffen kann, gebe ich komplett auf, anstatt wenigstens so viel zu lernen wie noch Zeit vorhanden ist. Ich verstehe das einfach nicht, denn genau das gleiche „Lern-Vorgehen“ hat morgens noch so gut geklappt.
======= das meinte ich (oben)! man kann nicht 10 std. am tag mehr oder weniger dasselbe machen, im klartext: Ihr lernen selbst ist zu eintönig. wenn ich mich in neue themen einarbeite, arbeite ich zwar gerne wochenlang 14 std. am stück, aber ich variiere viel; lesen, zeichnen, kawas. anlegen, abc.s anlegen oder konsolidieren, neue zeichnungen, etwas auf band sprechen, beim spazierengehen stunden später bewußt wieder hören (für notfälle mit kleinem diktiergerät, falls mir etwas wahnsinnig wichtiges dazu einfällt). dann beginne ich zu telefonieren und meinen versuchskaninchen (liebe leute, die an meinen lernvorgängen gerne teilhaben) erste fakten zu „referieren“, oder ich beginne das erste wqs zu basteln und zu testen, ob die fragen spannend sind etc. dann werden diese korrigiert und durch neues er-weit-ERT ETC. d.h. die tätigkeiten sind so vielfältig, daß es kein problem gibt. was Sie schildern, klingt jedoch nach zuviel monotonie. auch die besten methoden werden langweilig, wenn Sie zuwenig abwechslung haben. versuchen Sie doch vielleicht einmal, zwischendurch GEHEND zu lernen, z.b. beim spazierengehen oder walking und bewußt audio-material zu hören, das sie vorher selbst besrpochen haben, sei es heute vormittag oder letzte woche. das hilft vielen, die nicht unendlich viel am tisch SITZEN und lernen können, der körper ist auf bewegung angelegt, bei manchen mehr als bei anderen...

Nach Ihrem Energiemodell könnte es vielleicht daran liegen, dass mein Selbstwertgefühl nachmittags schlagartig sinkt. (Aber das Buch „Die 6 Säulen des Selbstwertgefühls“ von Nathaniel Branden hat mein Problem bislang auch nicht gelöst.)
======= das glaube ich nicht! man hat nicht früh ein anderes SWG als am nachmittag, wenn einen nicht regelmäßig in der mittagspause jemand in die pfanne haut oder ähnliche dinge passieren. es könnte einfach die ermüdung sein, zu viele stunden dasselbe zu tun (sitzen, lesen, lernen), deshalb die abwechslung mit dem gehenden lernen... (s. oben). aber es kann natürlich auf Ihr SWG drücken, wenn Sie nachmittags nicht so weiterlernen können, wie vormittags...

Natürlich belastet mich das tägliche Lernen auch, da ich lieber beruflich tätig wäre und endlich ein richtiges Leben führen würde mit Urlaub, Geld ausgeben, Freunden und Familienaufbau. Darauf verzichte ich zugunsten eines guten Studienabschlusses komplett und möchte dies später ausgiebig nachzuholen.
====== vielleicht vermissen sie das RICHTIGE LEBEN so sehr, daß sie sich ein wenig wie ein gefangener vorkommen? ich könnte mir vorstellen, daß ich meine themen so bearbeiten könnte, nicht aber JURA. wenn das ausgangsmaterial ziemlich trocken ist und wenn Sie keine ausgesprochen liebe zum subject haben, dann muß es ja eintönig und schwierig werden, denn das gehirn-gerecht machen von ständig gleichartigen materialien löst bald keine neurogenese (neue nervenzellen!) in Ihrem kopf mehr aus und dann wird es schwer...

Da ich am Anfang meines Studiums noch viel mit Freunden unternommen habe und auch in Vorlesungen und auf Partys ging und politisch tätig war, weiß ich, dass ich damals noch weniger lernen konnte,
====== vielleicht fehlen Ihnen die sozialen kontakte. das sind für mich u.a. auch meine versuchskaninchen, mit denen ich bald über den stoff zu sprechen beginne, denen ich faszinierende passagen aus büchern zitiere, fallbeispiele erzähle und mit denen ich meine quizfragen durchspiele. ich könnte all das auch nicht ohne diese menschen, wenn ich nur total alleine lernen sollte! der mensch ist nun mal ein soziales lebewesen... auch eremiten in der höhle (wie ich) brauchen eine gewisse menge an gesprächen, weil das die denkprozesse klärt, bes. wenn wir neues aufnehmen müssen, bis wir es ins vorhandene wissen einsortieren können...

da ich morgens oft schlafen musste und viel Zeit und Energie mit unwichtigen Sachen vergeudete (zB Revierkonflikte oder Ärgern über Freunde, Bekannte, … oder sinnlosen/sinnvollen nicht-universitären Aufgaben). Da ich mit diesem Problem in den letzten Monaten viel Zeit verloren habe (und noch verlieren werde) und ich langsam Angst bekomme keine gute Note zu bekommen, hoffe ich sehr dass Sie mir helfen können.
======= am besten lernen Sie für SICH und Ihr leben und nicht für eine note, das ist die ermüdenste art des lernens, die es gibt. wenn ich mich in neue themen einarbeite (jedes jahr, wie Sie an meinen werken verfogen können, MEHRERE, von denen EINIGE als vorträge auf DVD mitgeschnitten werden) ist jeder dieser jungfern-vorträge wie eine PRÜFUNG. wenn ich für eine note lernen müßte, würde ich bald aufhören. da ich aber die themen spannend finde, lerne ich gerne! also entweder Sie studieren ein fach, das Sie wirklich interessiert, dann können Sie es mit gehirn-gerechten methoden trotz schule/ausbildungs-institution oder schlechter textbücher AUFBEREITEN oder es interessiert Sie nicht besonders. man kann nicht nur wegen eines papiers, das im allgemeinen die zukunftsaussichten „irgendwie verbessern soll“ viele monate lang bei der stange bleiben, dazu muß man inhaltlich auch fasziniert sein. deshalb möchten Sie vielleicht auch überlegen, ob Sie wirklich so weitermachen oder sich eine PAUSE gönnen wollen?vielleicht helfen ja solche fragen auch?
vfb

Vielen Dank und viele Grüße, Markus …