Nebenbei Hören vs. passiv Hören 19.1.08

Sehr geehrte Frau Birkenbihl, ich traue mich kaum, Ihnen eine Frage bzgl. des passiven Hörens zu stellen, da bereits so viele Fragen dazu kamen. Weder Buch noch DVD „Sprachenlernen“ noch die Beiträge in der Wandzeitung haben mir jedoch er-klären können, was das passive Hören (Schritt 3) von dem „nebenbei bewusst hören“ (S. 79 „Sprachen-lernen“ 31. Aufl.) unterscheidet.
======= nichts; es hat einige jahre gedauert, bis die terminologie einigermaßen bindend wurde. solange Sie passiv hören, was Sie zuvor durchgenommen haben, ist es dasselbe. wer hingegen experimentieren möchte, vor allem mit texten in bekannten sprachen, ob man sich INHALTEN nähern kann, indem man sie vorab NEBENBEI hört, ehe man sie aktiv angeht, sollte den begriff PASSIV hören nicht verwenden. ich bin nämlich noch nicht sicher, daß wir bei diesem „voraus-“hören nervenbahnen aufbauen, was bei PASSIV hören jedoch passiert (und deshalb die lernzeit dramatisch verkürzt).

EINERSEITS finde ich des öfteren in der Wandzeitung „Warnungen“ von Ihnen, unbekannte Texte passiv zu hören oder zulange Passagen zu nehmen denn (Zitat) „das passive lernen soll vor allem bereits bearbeite-tes material VERTIEFEN“. ANDERERSEITS empfehlen Sie „kleine Aufenthalte im Ausland“ durch „relativ wenig zuhören“ bei z.B. Radiosendungen. FRAGE: Inwieweit/unter welchen Bedingungen nützt das passive Hören von nicht-dekodierten Texten d.h. de facto das Hören von unbekannten Lauten. WELCHEN Effekt hat so eine Tätigkeit im Gehirn?
======= gute frage: wenn wir passives hören als mini-aufenthalt nutzen, dann gewöhnen wir uns an die TONALITÄT (tonfall, sprechmelodie, pausen, betonungen etc.) z.b. bei noch sehr fremden sprachen. dabei geht es um FORM, nicht um inhalte. genau so, wie jemand, der noch absolut nichts versteht, in tibet auch nach 10 tagen urlaub noch immer kaum etwas versteht. aber die sprachmelodie ist ihm vertraut geworden (wenn er in der nähe von sprechenden tibetern war) und wenn er heimkommt, fällt ihm das lernen leichter. den effekt (den einer meiner teilnehmer mir vor über 30 jahren schilderte), gilt es zu nutzen... wenn es um inhalte geht, s. oben.

Hintergrund meiner Frage:
1. Ich glaube, dass sich durch das (lediglich) passive Hören von amerikanischen Kassetten („Listen USA“ aus Ihrem A-Verlag Anfang der 90er; ich kenne Sie bereits sein der 2. Auflage von „Fremdsprachen“) meine Aussprache sehr verbessert hat.
====== weil Sie die TONALITÄT aufgesogen haben. genau!

2. Ich habe angefangen, Hindi zu lernen und folge dabei Ihrem Rat aus „Von Null Ahnung… Chinesisch“, zu Beginn sehr viel Zeit in den Aufbau von Nervenbahnen zu stecken durch passives Hören und das spiele-rische „Malen“ von Schriftzeichen. Nun habe ich zwar die Assimil Lektionen 1-3 dekodiert, aktiv gehört und passiv gehört, komme aber momentan aus beruflichen Gründen nicht dazu, mich Schritt 4 der Lektion 1 zu widmen und höre seit 4 Wochen(!) fast den ganzen Tag lang passiv die Lektion 3 (passives Hören stört mich überhaupt nicht). Ich habe absolut kein Problem damit, weiterhin Lektion 3 zu hören (ist ja passiv!) aber ich habe aber das BAUCHGEFÜHL, gerne auch andere Laute z.B. den Ton von Filmen passiv aufzu-nehmen. Ich schaue mir auch bekannte Filme auf Hindi an, ohne ein Wort zu verstehen und ohne zu versu-chen, zu verstehen, nur um in den Klang einzutauchen.
======= die erklärungen oben gelten auch hier.

3. vielleicht belege ich bald einen Einzelkurs in Indien und als Vorbereitung darauf, möchte ich bereits „generisch“ Nervenbahnen anlegen (es gibt keine festen Lektionen, die ich vorbereiten könnte), falls so etwas möglich ist. (Meine diesbzgl. Fragen habe ich, wie von Ihnen des öfteren gewünscht, separat gestellt, um die die Themen nicht zu vermischen.)
====== was immer Sie derzeit lernen, wird vom gehirn später sortiert, das generische passiert also eigentlich erst später, und wird umso leichter, mit je mehr wissensfäden Sie dorthin reisen...

Vielen Dank für Ihre Antwort und auch für die Birkenbihl-Methode im allgemeinen!

Ihr

Frank Streibel